CME | Review article

31

Akute Intoxikationen bei Erwachsenen – was Sie wissen sollten

Autoren

Th. Zilker1

Institut

1 München

Der konkrete Fall Toxikologie, Notfallmedizin CME | Review article

Anamnese und Behandlung durch den Notarzt ▼ Ein 71-jähriger Landwirt wurde kurz nach einem Streit mit seinem Sohn bewusstlos und krampfend von seiner Ehefrau aufgefunden. Er hatte erbrochen und eingestuhlt. Das Erbrochene roch penetrant knoblauchartig. Der Notarzt wurde alarmiert. Da es sich offensichtlich um eine Vergiftung durch die Aufnahme einer chemischen Substanz handelte, nahm dieser Kontakt mit einer Giftinformationszentrale auf. Der Patient schwitzte, speichelte und wies eine ausgeprägte Miosis auf. Der Blutdruck lag bei 100/60 mmHg, die Herzfrequenz bei 40/min. Der Patient wurde vom Notarzt intubiert; es war reichlich Sekret aus dem Bronchialsystem abzusaugen. Der Notarzt ging von einer Organophosphatvergiftung aus. Die Ehefrau bestätigte, dass im Giftschrank noch eine Flasche mit E605® (Parathion) vorrätig war. Er verabreichte 5 mg entsprechend 0,5 ml der Atropinlösung i. v. Erst auf weitere 15 mg Atropin sistiert die Speichel- und Bronchialsekretion, die Pulsfrequenz stieg auf 80/min und der Blutdruck auf 120/60 mmHg.

Schlüsselwörter akute Vergiftungen akute Intoxikationen Giftinformationszentrale Therapie von Vergiftungen Giftentfernung

q q q q q

Keywords

q acute intoxication q acute poisoning q treatment of intoxication q detoxification q poison control center

Weiterbehandlung auf der Intensivstaton ▼ Auf der Intensivstation in der Klinik erhielt der Patient 250 mg Obidoxim (Acetylcholinesterasereaktivator). Auf Anraten der Giftinformationszentrale wurde eine Dauerinfusion von 2 mg Atropin pro Stunde und 750 mg Obidoxim über 24 h angesetzt. Die bereits initiierte Sedierung und die antikonvulsive Therapie mit Benzodiazepinen wurde fortgesetzt und der Patient weiter beatmet. Bei der Bestimmung der Butyrylcholinesterase fand sich nur noch 10 % des Normwertes. Am 4.  Tag wurde der Patient extubiert und das Atropin abgesetzt. Es entwickelte sich ein Intermediärsyndrom mit Lähmung der Nacken- und Atemmuskulatur. Nach Wiederaufnahme der Atropintherapie und Reintubation wurde der Patient erneut stabilisiert. Die Butyrylcholinesterase normalisierte sich am 5.  Tag. Auf erneute Extubationsversuche wurde zunächst verzichtet, da sich eine schwere Aspirationspneumonie entwickelt hatte, die sich unter weiterer Beatmung und antibiotischer Therapie nach einer weiteren Woche bessert. Der Patient konnte mit Erfolg und ohne bleibende Schädigung nach 14 Tagen vom Respirator entwöhnt werden.

Diskussion ▼ Diese dramatische Vergiftung ist in Deutschland sehr selten geworden. Im Jahr fallen in Deutschland Organophosphatvergifungen nur noch im 2-stelligen Bereich an. Im Gegensatz dazu sterben in Asien pro Jahr mehrere Tausend Patienten an einer solchen Vergiftung. Auch dort gehen die Todesfälle größtenteils auf suizidale Vergiftungen zurück.

eingereicht 24.06.2013 akzeptiert 31.10.2013 VNR 2760512013141211715 Bibliografie DOI 10.1055/s-0033-1359902 Dtsch Med Wochenschr 02014; 1390 : 31–46 · © Georg Thieme Ver0 lag KG · Stuttgart · New York · ISSN 0012-04721439-4 13 Korrespondenz Prof. Dr. Thomas Zilker Franziskanerstr. 28 81669 München eMail [email protected]

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Acute intoxication in adults – what you should know

CME | Review article

Tab. 1 Häufigkeit der Anfragen zu Vergiftungen bei Kindern und Erwachsenen bei den deutschsprachigen Giftinformationszentralen, mit den am häufigsten angefragten Substanzen im Jahre 2011.

GIZ

Berlin

Anrufe zu Vergiftungen bei Erwachsenen

Kindern

Erwachsene

Kinder

Pflanzen

13 724

26 642

Z-Substanzen, TCA,

Detergenzien, Medika-

Eibe, Kirschlorbeer

Quetiapin

mente, Pflanzen

Liguster

Psychopharmaka,

Detergenzien, Pflanzen,

Nicht differenziert

Analgetika, Hypnotika

Kosmetika

Ibuprofen, Paraceta-

Ibuprofen, Kohle-

Eibe, keine weiteren

mol, Quetiapin

anzünder, Knicklichter

Angaben

Ibuprofen, Quetiapin,

Detergenzien, Nikotin

Kirschlorbeer,

Z-Substanzen

(Tabak), Kirschlorbeer

Eibe

030/19240 Bonn

17 813

15 290

0228/19240 Erfurt

7271

6805

0361/730730 Freiburg

8 239

12 652

0761/19240 Göttingen

17 480

17 831

0551/19240 Homburg

380

875

14 147

13 021

06841/19240 Mainz 06131/19240 München

16 314

15 967

5467

8289

089/19240 Wien

Häufigste Anfragen

+43-24064343

Ibuprofen, Paracetamol, Detergenzien,

Kirschlorbeer, Eibe,

Quetiapin

Hustenmittel, „Pille“

Ficus benjaminii

TCA, Ibuprofen,

Detergenzien, Ibuprofen, Keine Angaben

Paracetamol

Paracetamol

Ibuprofen, Paracetamol, Nikotin (Tabak),

Kirschlorbeer,

Lorazepam/Quetiapin

Ibuprofen, Kirschlorbeer

Eibe, Mahonie

Ibuprofen, Quetiapin

Detergenzien, Ibuprofen, Eibe, Liguster,

Paracetamol

Paracetamol

Ficus benjaminii

Mefenaminsäure,

Detergenzien

Eibe,

Trazodon,

ätherische Öle

Maiglöckchen,

Paracetamol Zürich

15 707

+41-442515151 Gesamt

12 655

Liguster

Paracetamol, Quetiapin, Detergenzien, Parace-

Kirschlorbeer, Eibe,

Z-Substanzen

Ficus benjaminii

tamol, Nikotin (Tabak)

116 542 (47 %) 130 027 (53 %)

Vergiftungsgeschehen in Deutschland

Vergiftungen im Kindesalter sind in der Mehrzahl der Fälle akzidentieller Natur. Im Erwachsenenalter sind Vergiftungen hauptsächlich auf Suizidversuche und Drogenmissbrauch zurückzuführen. Obwohl auch bei Erwachsenen akzidentielle Vergiftungen vorkommen, kommt es nur in seltenen Fällen zu einer Klinikaufnahme. Ingestionsunfälle bei Kleinkindern sind ein häufiges Ereignis. Dabei steht die Ingestion von Haushaltschemikalien im Vordergrund. Aufgrund der Anrufzahlen bei den Giftinformationszentralen (GIZ) dürfte die Inzidenz bei 250/100 000 Einwohnern/Jahr liegen. Etwa die Hälfte der Anrufe bei den GIZ beziehen sich auf Kinder (q Tab. 1). Bei Vergiftungen im Kindesalter ist zu berücksichtigen, dass je nach Lebensalter und Substanz ein unterschiedlicher Metabolismus als bei Erwachsenen vorliegen kann. Zu den Besonderheiten von Vergiftungen in Abhängigkeit vom Alter der Kinder sei auf spezielle Publikationen verwiesen [25, 26]. Ernsthafte Vergiftungsunfälle im Erwachsenenalter sind eine Rarität geworden. Nur bei 5 % der Patienten, die in der Toxikologischen Abteilung der II. Med. Klinik am Klinikum rechts der Isar der TU München aufgenommen wurden, lag ein Vergiftungsunfall vor. Dabei kann man unterscheiden zwischen Betriebsunfällen in Laboratorien und der Chemischen Industrie und Unfällen mit natürlich vorkommenden Giften. Wirklich gefährliche Vergiftungen haben wir nur durch Phosgen oder Nitrosegase gesehen. Der Sicherheitsstandard in der Industrie ist in Deutschland so hoch, dass Chemieunfälle selten geworden sind. Eine Gefährdung durch natürliche Toxine geht von Pilzen, wenigen Pflanzen und Schlangen aus. Bei den Pilzen steht die Verwechslung des Champignons mit dem Knollenblätterpilz (q Abb. 1), bei den Pflanzen die Verwechslung des Bärlauch mit der Herbstzeitlose (q Abb. 2) und bei den Gifttieren die Bisse durch Kreuzottern an erster Stelle. Selten sind Bisse oder Stiche durch exotische Schlangen, Skorpione, giftige Fische oder Spinnen.

Suizidale Vergiftungen ▼ Für suizidale Vergiftungen werden Schlafmittel, Psychopharmaka und Schmerzmittel am häufigsten verwendet. Die Inhaltsstoffe dieser Medikamente haben sich über die Jahre ständig verändert. Die pharmazeutische Industrie hat sicherere Medikamente für diese Anwendungsgebiete entwi-

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

32

CME | Review article

33

ckelt. Chloralhydrat, Barbiturate und Bromharnstoffpräparate wurden ersetzt durch die weniger toxischen Benzodiazepine Zopiclon und Zolpidem. Diphenhydramin hat sich über viele Jahre als frei verkäufliches Schlafmittel gehalten (q Tab. 2).

Bei den Neuroleptika gab es eine Verschiebung von den alten Neuroleptika zu den atypischen Neuroleptika. Die Toxizität unterscheidet sich kaum, allerdings führen die atypischen Neuroleptika möglicherweise seltener zur schweren ZNS-Depression und Herzrhythmusstörungen. Die atypischen Neuroleptika führen erst bei einem vielfachen Überschreiten der Tagesmaximaldosis zu schweren Vergiftungen. Das z. Zt. von Psychiatern häufig verschriebene Psychopharmakon Quetiapin ist bei schwerer Überdosierung durchaus kritisch zu bewerten (q Tab. 3). Abb. 1 Verwechslungsgefahr! Der Anischampignon (a) und der giftige Knollenblätterpilz (b) sehen sich sehr ähnlich (Quelle: Wikipedia, Fotograf: Salix).

Abb. 2 Verwechslungsgefahr besteht ebenfalls bei a) Bärlauch (Allium ursinum) und b) Herbstzeitlose (Colchicum autumnale). (Quelle: Wikipedia)

Tab. 2 Toxizität unterschiedlicher Schlafmittel im zeitlichen Verlauf.

Substanz

Zeit häufiger Anwendung

Gefährdungsgrad

Chloralhydrat

1869 bis ca. 1920

Herzrhythmusstörungen

ca. 1980 bei Kindern Barbiturate

1912 bis ca. 1970

Atemlähmung, Kreislaufdepression

Bromharnstoffderivate

1909 bis ca. 1980 außer

Kreislaufdepression, häufig Lungenversagen

Handel in Deutschland Benzodiazepine

1960 bis ca. 2000

Geringe vitale Bedrohung, aber lange Komadauer

Zolpidem

1999 bis heute zunehmend

Geringe vitale Bedrohung kurze Komadauer

Zopiclon

2005 bis heute

Geringe vitale Bedrohung, mittlere Komadauer

Diphenhydramin

1942 bis heute Schlafmittel zuneh-

Anticholinerges Syndrom, Gefährdung durch

mend seit ca. 1980 jetzt Plateau

deliranten Zustand

mit Komplikationen

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Hochtoxische Antidepressiva wie unspezifische Monoaminoxidasehemmer sind praktisch vom Markt verschwunden. Die ebenfalls schwer toxischen tri- und tetrazyklischen Antidepressiva wurden größtenteils durch Serotonin-Wiederaufnahmehemmer ersetzt. Wegen der in manchen Fällen besseren Wirksamkeit und des Preises sind jedoch die trizyklischen Antidepressiva (TCA) noch im Gebrauch und führen bei suizidalen Vergiftungen zu schweren Krankheitsverläufen. Gefährlich, aber nicht so toxisch wie die TCA, sind die nicht selektiven Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin und Bupropion.

CME | Review article

Tab. 3 Toxizität unterschiedlicher Psychopharmaka im zeitlichen Verlauf. EPMS = Extrapyramidalmotorisches Syndrom MAO = Monoaminoxidase SSRI = selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer

Substanz

Zeit häufiger Anwendung

Gefährdungsgrad

MAO-Hemmer A + B

1952 bis ca. 1970

Krampfanfälle, Kreislaufversagen, Hyperthermie

tri- und tetrazyklische

1957 bis ca. 2000

Krampfanfälle, Blockade des Reizleitungs-

Antidepressiva

systems am Herzen

SSRI

1990 bis heute

Geringe vitale Bedrohung, muskuläre und

Neuroleptika (alt)

1950 bis ca. 2000

EPMS, Hypotonie, Rhythmusstörungen

Atypische Neuroleptika (Quetiapin

1995 bis heute

Kaum EPMS, geringe Sedierung, selten vitale

vegetative Symptome

z. Zt. häufigste Anwendung)

Bedrohung, selten Rhythmusstörungen

Grundregeln der Behandlung von Intoxikationen

5 Punkte sind bei der Behandlung von Vergiftungen immer zu berücksichtigen: 1. Wie und wohin transportiere ich den Patienten? (Transport) 2. Welche Basismaßnahmen müssen vor Ort vorgenommen werden? (Elementarhilfe) 3. Was, wie und wann muss asserviert werden, um die Diagnose der Vergiftung stellen zu können? (Asservierung) 4. Gibt es ein Gegengift, das den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen oder lebensrettend sein könnte? (Antidottherapie) 5. Ist eine primäre Entgiftung (aus dem Magendarmtrakt) noch sinnvoll und gibt es eine Möglichkeit der sekundären Giftelimination (aus dem Blut)? (Giftentfernung)

Transport ▼ Ein Transport vergifteter Personen sollte nie durch Laien erfolgen, da unterwegs jederzeit Erbrechen oder Bewusstlosigkeit auftreten können. Die wichtigste Aufgabe während des Transportes ist die Verhinderung einer Aspiration. Der Transport sollte in die nächste Klinik mit Intensivstation erfolgen. Für die Disponenten bei den Leitstellen stellt sich die Frage, ob der Transport mittels Rettungswagen in Begleitung von Rettungsassistenten ausreicht, oder ob ein Notarzt hinzugezogen werden muss. Zur Beantwortung dieser Frage hat es sich bewährt, den Schweregrad der Vergiftung anhand des Poison Severity Score (PSS) [29] einzuschätzen (wird von den GIZ verwendet). Der Glasgow Coma Scale (GCS) wird in jedem Einsatzprotokoll verwendet und kann vor allem bei Vergiftungen herangezogen werden, die zu einer ZNS-Depression führen. Ein GCS unter 10 Punkten ist wegen der zu befürchtenden Aspiration eine Indikation für den Notarzteinsatz. Eine weitere, von uns vereinfachte Klassifikation [32] dient der Transport- und Therapieentscheidung vor Ort: 3 Stufe 0: Patient voll ansprechbar 3 Stufe 1: Patient somnolent, d. h. schläfrig aber voll erweckbar 3 Stufe 2: Patient soporös, auf Schmerzreize noch erweckbar 3 Stufe 3: Patient komatös, auf Schmerzreize motorisch reaktiv (Notarzt hinzuziehen) 3 Stufe 4: Patient komatös und ateminsuffizient (Notarzt hinzuziehen) 3 Stufe 5: Patient komatös, atem- und kreislaufinsuffizient (Notarzt hinzuziehen)

Elementarhilfe ▼ Die Elementarhilfe ist durch die modernen Basismaßnahmen der Notfallmedizin voll abgedeckt. Auch schwere Vergiftungsfälle können in aller Regel stabilisiert werden. Entsprechend der oben beschriebenen Schweregradeinteilung wird folgendermaßen vorgegangen: 3 Stufe 0: Transport in eine Klinik, u. U. auch gegen den Willen des Patienten (bei suizidalen Vergiftungen). Eine direkte Verlegung in eine psychiatrische Klinik ist nicht ratsam, es sollte zunächst der Verlauf beobachtet werden. 3 Stufe 1: Transport in Klinik, dort Aufnahme auf Überwachungs- oder Notaufnahmestation (Cave: weitere Suizidalität, Fortschreiten der Vergiftungssymptome). Ein venöser Zugang mit Ringer- oder Kochsalzinfusion ist für den Transport ausreichend. 3 Stufe 2: Wie Stufe 1, auf Verschlechterung achten. 3 Stufe 3: Intubation für Transport, u. U. mit zusätzlicher Sedierung, Infusion, Aufnahme auf Intensivstation bis Patient aufklart.

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

34

CME | Review article

35

3 Stufe 4: Intubation und Beatmung auch während des Transportes, u. U. zusätzliche Sedierung, Infusion, und Aufnahme auf Intensivstation. 3 Stufe 5: Intubation, Beatmung, Infusion von 1–2 Liter physiologischer Kochsalz-/oder Ringerlösung. Wenn keine Kreislaufstabilisierung, Einsatz von Katecholaminen. (Cave: Keine Überinfusion, da Gefahr des Lungenödems aufgrund der Kardiotoxizität vieler Medikamente). Eine Reanimation sollte nach den neuen Leitlinien erfolgen: praktisch ohne Unterbrechung der Herzdruckmassage. Bei Wiederherstellung des Kreislaufes rasche Intubation und Beatmung.

Eine korrekte Asservierung ist für die Diagnose, aber auch wegen forensischer Fragen von großer Bedeutung. Urin ist das Medium, in dem sich Medikamente und ihre Metaboliten bei der Ausscheidung anreichern. Sie sind dort meist besser nachweisbar als im Blut. Vom Notarzt verabreichte Medikamente müssen genau protokolliert werden. Bei Vergiftungen durch Gase ist immer eine frühzeitige Blutasservierung notwendig, z. B. in einem EDTA-Röhrchen. Bei der Aufnahme in der Klinik müssen möglichst früh 10 ml Nativblut, 10 ml EDTA-Blut und 50 ml Urin, wenn nötig auch durch Katheterisierung, gewonnen werden. Das Asservat muss genau mit Namen, Datum, Uhrzeit und vermutetem Gift beschriftet werden und im Kühlschrank, nicht eingefroren, bis zum Giftnachweis aufbewahrt werden.

Giftentfernung ▼ Eine Erkenntnis in der Toxikologie der vergangenen Jahre ist, dass für die primäre Giftentfernung hinsichtlich des Ausgangs einer Vergiftung und der Liegezeit im Krankenhaus keine Evidenz erbracht werden konnte.

Forciertes Erbrechen Das Auslösen von Erbrechen mit Ipecac-Sirup wird auch für Kinder nicht länger empfohlen. Der Nachweis eines Nutzens konnte nicht erbracht werden. Mögliche Komplikationen wie Durchfall, Lethargie und dauerhaftes Erbrechen wiegen den Nutzen auf [2, 23].

Magenspülung Die Wirksamkeit der Magenspülung hat sich nicht belegen lassen. Bei 876 Patienten, von denen eine Hälfte eine Magenspülung erhielt oder den Erbrechen auslösenden Ipecac-Sirup und die andere Hälfte Medizinalkohle fand sich kein Unterschied in der Morbidität oder Mortalität [30]. In beiden Gruppen wurden die Maßnahmen zum gleichen Zeitpunkt nach Substanzaufnahme ergriffen. Über Jahre wurde von den Europäischen und Amerikanischen Toxikologen eine Magenspülung bei potenziell lebensbedrohlichen Vergiftungen nur noch innerhalb der ersten Stunde nach Giftaufnahme empfohlen. Seit diesem Jahr wurde sogar diese Empfehlung weiter eingeschränkt [8]. Der routinemäßige Einsatz einer Magenspülung auch innerhalb der 1.  Stunde nach Ingestion wird nicht länger empfohlen. Bei Organophosphatvergiftungen könnte eine Magenspülung jedoch wirksam sein [24].

Abführen Die Gabe von Abführmitteln (z. B. Glaubersalz, Sorbid) hat nicht nachweisbar zu einem verbesserten Ausgang bei Vergiftungen geführt. Man sollte auf diese Maßnahme unbedingt verzichten [1]. Die Anwendung einer orthograden Darmspülung mittels Polyethylenglykol (PEG MG 4000) [5] ist in bestimmten Fällen noch anzuwenden. Dies gilt für Eisenpräparat- und Carbamazepinvergiftungen sowie Vergiftungen durch Retardpräparate wie z. B. Retardpräparate des Quetiapin und Verapamil. Bei Verklumpungen (Bezoarbildung) von Medikamenten oder nach der Aufnahme von Metallverbindungen kann eine endoskopische Entfernung sinnvoll sein (Carbamazepin, Quetiapin oder Arsenik).

Urinalkalisierung Früher herrschte die Vorstellung vor, man könne mittels Diuretika und Alkalisierung des Urins vermehrt Substanzen zur Ausscheidung bringen. Heute ist diese Methode der forcierten Diurese verlassen worden. Sie führte lediglich zu einer Verdünnung des Urins ohne die renale Ausscheidung einer Substanz zu erhöhen. Heute gibt es nur noch ganz wenige Vergiftungen, bei denen die Alkalisierung des Urins gerechtfertigt ist. An erster Stelle steht die mittelschwere Salicylatvergiftung. Durch Anhebung des Urin-pH auf Werte über 7,5 lässt sich tatsächlich eine Steigerung der renalen Salizylatclearance erreichen. Weitere Indikationen sind die Vergiftungen durch Methotrexat, 2.4 Dichlorphenoxyessigsäure (Herbizid), Diflunisal (NSAID), Fluoride und Mecoprop (Herbizid) [31].

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Asservierung ▼

CME | Review article Medizinalkohle Einmalige Gabe Es gibt keine kontrollierten Studien, die einen Vorteil der einmaligen Gabe von Medizinalkohle gegenüber der Nichtgabe beweisen könnten. Dennoch ist es aus theoretischen Gründen sinnvoll, einmalig Medizinalkohle oral zu verabreichen. Viele Chemikalien und Medikamente können an Medizinalkohle binden und so von der Resorption abgehalten werden. Je früher die Medizinalkohle nach Substanzaufnahme verabreicht werden kann, umso effektiver ist die Substanzbindung. Während bei Gabe einer therapeutischen Dosis nach einer halben Stunde noch ca. 50 % einer Substanz gebunden werden können, sind dies bereits nach einer Stunde nur noch 16 %. Deshalb gilt die Empfehlung der einmaligen Kohleverabreichung für Fälle, bei denen die Giftaufnahme nicht länger als eine Stunde zurückliegt [4]. Medizinalkohle darf nur Patienten gegeben werden, die voll bei Bewusstsein sind und bei denen die Abwehrreflexe der Atemwege erhalten sind. Bei folgenden Substanzen hat die Gabe von Medizinalkohle mangels Bindung keinen Sinn: Salze, Metalle, darunter auch Lithium, Säuren/Laugen und Alkohole. Repetitive Gabe Obwohl auch für die Wirksamkeit der repetitiven Gabe von Kohle keine Evidenzbasierten Daten vorliegen, scheint diese Methode für eine Vielzahl von Substanzen zur Giftentfernung sinnvoll [3]. Dies liegt daran, dass die meisten Medikamente und ihre Metaboliten wie auch etliche natürliche Toxine (z. B. Amatoxine, Colchicin) über die Galle zu 10–20 % ausgeschieden werden [13]. Mit der repetitiven Gabe von Medizinalkohle kann so die enterohepatische Zirkulation dieser Substanzen unterbrochen werden. Untersuchungen an Freiwilligen haben die Wirksamkeit nach der Ingestion verschiedener Pharmaka nachgewiesen, die jedoch in klinischen Studien im Vergiftungsfall nicht sicher bestätigt werden konnten. Dazu gehören: Amitriptylin, Dextropropoxyphen, Digitalis, Disopyramid, Nadolol, Phenylbutazon, Phenytoin, Piroxicam und Sotalol. Wir setzen die wiederholte Gabe von 30 g Kohle alle 4 Stunden bei allen schweren Medikamentenvergiftungen und der Vergiftung durch Knollenblätterpilze (Amatoxinvergiftung) sowie Herbstzeitlose ein. Dabei wird die Kohle über eine nasogastrale Sonde infundiert. Gelegentlich muss dies mit abführenden Mitteln wie PEG 4000 unterstützt werden, damit die Kohle nicht im oberen Gastrointestinaltrakt liegen bleibt und regurgitiert wird. Bei Patienten mit ZNS-Beteiligung ist eine Intubation Voraussetzung um jegliche Kohleaspiration zu vermeiden.

Extrakorporale Giftentfernung Diese Art der sekundären Giftentfernung ist in wenigen Fällen und dann auch nur bei schweren Vergiftungen indiziert. Voraussetzung ist, dass die überdosierte Substanz ein kleines Verteilungsvolumen hat, gut wasserlöslich ist und überwiegend renal eliminiert wird. Bei hohen Gewebespiegeln und langsamer Rückverteilung sind extrakorporale Maßnahmen sinnlos, es sei denn, es besteht bereits ein komplettes Nierenversagen, das ohnehin eine Hämodialyse notwendig macht. Bei schweren Vergiftungen ist die Hämodialyse, sofern es die Kreislaufsituation erlaubt, effektiver als die kontinuierliche Hämofiltration oder Hämodiafiltration. Für folgende Substanzen ist sie entweder zur Förderung der Ausscheidung oder Korrektur der Azidose indiziert: Toxische Alkohole wie Ethylenglykol, Isopropanol und Methanol; Medikamente wie Phenobarbital, Lithium, Salicylate, Theophyllin, Valproinsäure und Metformin.

Antidote ▼ Die Entwicklung von Antidoten wird nicht vorangetrieben, da es keinen Markt gibt. Werden doch neuere Antidote wie z. B. Fomepizol oder Hydroxocobalamin auf den Markt gebracht, so sind sie sehr teuer, werden selten gebraucht und deshalb ungern bevorratet. Studien, die die Wirksamkeit von Antidoten bezüglich des Überlebens nachweisen könnten, liegen nicht vor. Dies ist ein allgemeines Problem der klinischen Toxikologie, da in Studien keine ausreichenden Fallzahlen erreicht werden können. Die Wirkmechanismen der Antidote sind sehr unterschiedlich. Sie können 3 die Wirkung der schädigenden Substanz direkt am Rezeptor aufheben (z. B. Flumazenil, Naloxon oder Atropin), 3 die Ausscheidung mancher Gifte beschleunigen (z. B. Natriumthiosulfat oder DMPS), 3 die Metabolisierung bestimmter Substanzen verhindern (z. B. Fomepizol, Ethanol oder N-Acetylcystein [NAC]), 3 die schädigende Substanz binden und damit neutralisieren (z. B. Schlangenantivenine, Digitalisantikörper oder Methämoglobinbildner).

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

36

CME | Review article

Liste der wichtigsten Antidote, ihre Indikation und Bevorratung.

Antidot

Gift

Bedeutung/Bemerkung

Bevorratung/Verfügbarkeit

N-Acetylcystein (NAC)

Paracetamol, halogenierte Kohlenwasserstoffe, englische Wasserminze

Bei frühzeitigem Einsatz lebensrettend

Intensivstation

Antivenine

Kreuzotter exotische Schlangen

Sichere Wirkung gegen systemische Vergiftungssymptome

Bevorratung siehe: Munich AntiVe-

Atropin

Organophosphate, Carbamate*, muskarinhaltige Pilze*

Lebensrettend, sofortige Verfügbarkeit nötig

im Notarztwagen

BotulinumAntitoxin*

Botulinum-Toxin

Lebensrettend bei Botulismus Typ A, bei Typ B nicht immer notwendig

Notdepot der Landesapotheker-

L-Carnitin*

Valproinsäure u. Zidovudin

Nur bedingt wirksam

Dantrolen

Maligne Hyperthermie, MNS, Amphetamin und Designerdrogen

Nur wenn andere Maßnahmen nicht wirksam sind

Deferoxamin

Eisensalze, Aluminiumsalze

Lebensrettend, kühl lagern

Digitalisantidot

Digoxin, Digitoxin, pflanzliche Digitaloide

Lebensrettend

Intensivstation

4-DMAP

Zyanide

Lebensrettend, sofortige Verfügbarkeit

Notarztwagen

DMPS

Arsen-, Quecksilbersalze und andere Metallverbindungen

Vermehrte renale Elimination

Intensivstation

DMSA

Bleisalze

Vermehrte renale Elimination

Ethanol

Ethylenglykol, Methanol

Verhindert Giftung bei frühzeitigem Einsatz, ersetzbar durch Fomepizol

Oral jederzeit verfügbar, als i.v.-Appli-

Flumazenil

Benzodiazepine, Z-Substanzen

Kurzzeitige Wirkung, Cave: Krampfanfälle

Anästhesie

Fomepizol

Ethylenglykol, Methanol, Coprinussyndrom (Pilz)

Alkoholisierung des Patienten wird vermieden, besser steuerbar als Ethanol

Glukagon

Beta-Rezeptorenblocker, Kalziumkanalantagonisten, Hypoglykämie

Kühl lagern in großen Mengen, nicht verlässlich wirksam

Hydroxocobalamin

Zyanide, Rauchgas

Hohe Dosierung nötig (Infusionsflaschen) und teuer

Kalziumchlorid

Kalziumkanalantagonisten

Bedingt wirksam

Kalziumglukonat*

Flusssäure

Lokale Anwendung, verhindert Nekrosen

Leukovorin (Folsäure)

Methanol, Methotrexat

Beschleunigt Ausscheidung von Ameisensäure hebt Folsäureblockade auf

Hämatologie

Natriumbicarbonat

TCA, Salizylat

Nicht immer wirksam, fördert Ausscheidung

Notarztwagen

Natriumthiosulfat

Zyanide, Rauch, Natriumnitroprussid, Nitrile

Beschleunigt Zyanidausscheidung

Intensivstation

Octreotid*

Sulfonylharnstoff

Wenn Glukoseinfusion nicht ausreichend

Obidoxim

Organophosphate

Reaktiviert Acetylcholinesterase, verkürzt möglicherweise Vergiftungsdauer

Intensivstation

Opioidantagonis-

Heroin, Morphin, Codein

Cave: Entzugssymptome; bei Fentanyl und Methadon

Anästhesie

ten (z. B. Naloxon)

Fentanyl, Methadon

hohe Dosen nötig

Physostigmin

Anticholinerges Syndrom z. B. Diphenhydramin, Atropin

Bei schweren Vergiftungen nicht ausreichend wirksam, Kardiotoxizität möglich

Intensivstation, Anästhesie

Protamin

Heparin

Für exakte Dosierung muss genaue Überdosis bekannt sein

gehört zum Bedarf einer Klinik

Preußisch Blau

Thallium, Cäsium, andere Isotope

Fördert Ausscheidung im Stuhl

Pyridoxin

Gyromitra (Pilz), Hydrazin, Isozyanid

Regeneriert GABA im Hirn, durchbricht Krampfanfälle

Silibinin

Amatoxine

Therapie möglichst vor der 24.  Stunde einleiten

Intensivstation

Thiamin

Ethanol

Prophylaxe Wernicke-Enzephalopathie bei Alkoholentgiftung

gehört zum Bedarf einer Klinik

Toluidinblau

Methämoglobinbildner

Cave: Hämolyse, Überdosierung: MetHb-Bildung

Vitamin K

Cumarine, Rattengift

Langsamer Wirkungseintritt, längerfristige Therapie nötig gehört zum Bedarf einer Klinik

nom INdex (MAVIN)

kammern gehört zum Bedarf einer Klinik

kation in Krankenhausapotheke

* im Text nicht erwähnt

Wichtiger als diese pharmakologische Einteilung erscheint jedoch die Einteilung nach der Dringlichkeit der Anwendung und damit der Verfügbarkeit im Notarztwagen oder in der Klinik. Eine weitere Unterteilung kann erfolgen in supportive Antidote und lebensrettende Antidote. Hierfür je ein Beispiel: Eine Opiatvergiftung kann alleine durch Beatmung und Überwachung auch ohne die Anwendung von Naloxon behandelt werden [21]. Bei einer Zyanidvergiftung stirbt der Patient, wenn das Zyanid nicht sofort im Körper an Methämoglobin oder Hydroxocobalamin gebunden werden kann.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Tab. 4

37

CME | Review article

Zwei Antidote sind deshalb unbedingt im Notarztwagen vorzuhalten: 1 %iges Atropin und 4-DMAP (Methämoglobinbildner). Zwei weitere Antidote für die Vor-Ort-Versorgung sind in der Diskussion: Hydroxocobalamin und eine Fettemulsionslösung (Lipid rescue) für die Therapie der Lokalanästhetikavergiftung bzw. die Intoxikationen durch lipophile Psychopharmaka und Kardiologika. Ohnehin im Notarztwagen vorhanden ist Bicarbonatlösung bei TCA-Vergiftung. Bei Vergiftungen durch Beta-Rezeptorenblocker und Kalziumkanalantagonisten hat sich die Gabe von hohen Dosen Insulin plus Glukose bewährt. Antidote, die weniger schnell zur Verfügung stehen müssen, aber dennoch lebensrettend sein können, sollten auf allen Intensivstationen der Kliniken vorhanden sein. Sie müssen nach Ablauf des Verfalldatums regelmäßig erneut bevorratet werden. Hierzu gehören z. B. Digitalisantidot, Silibinin, Obidoxim, DMPS, Physostigmin, Natriumthiosulfat, Vipernantivenin und N-Acetylcystein. Die Toxikologische Abteilung in München bevorratet auch sehr selten benötigte Antidote wie Toluidinblau, Glukagon, Deferoxamin, Pyridoxin, Berliner Blau, DMSA, Fomepizol und Schlangenantivenine gegen das Gift exotischer Schlangen (www.toxinfo.org/Antivenoms/Mavin). Die Verfügbarkeit weiterer Antidote ist dadurch gegeben, dass sie zum Bedarf einer Klinik gehören, da sie auch für andere Indikationen abgesehen von Vergiftungen benötigt werden. Dazu zählen: Thiamin, Vitamin K, Protamin, Dantrolen, Glukose, Insulin. Naloxon, Flumazenil und Physostigmin sind jederzeit bei Anästhesisten verfügbar. Leukovorin wird von Hämatologen vorgehalten. Auch Ethanol als Antidot für Ethylenglykol- und Methanolvergiftungen ist oral jederzeit verfügbar oder kann zur i. v.-Applikation von der Krankenhausapotheke hergestellt werden. Eine detaillierte Auflistung der aktuell erhältlichen Antidote, deren Indikation sowie die Bevorratung findet sich in q Tab. 4.

Vergiftungen

Da die meisten Vergiftungen durch eine gute Elementarhilfe, gezielte supportive Therapie und eine intensivmedizinische Behandlung erfolgreich behandelt werden können, sollen hier noch jene Vergiftungen abgehandelt werden, die spezifische Therapiemaßnahmen erforderlich machen. Auf die ausführliche Darstellung des Pathomechanismus der einzelnen Substanzen wird aus Platzgründen verzichtet. Auf folgendes Lehrbuch wird hingewiesen [39].

Paracetamolvergiftung ▼ Die suizidalen Vergiftungen durch Paracetamol haben in den letzten Jahren in Deutschland, gemessen anhand der Anfragen bei den GIZ, zugenommen. Diese Vergiftung kann mit N-Acetylcystein in hohen Dosen sehr erfolgreich behandelt werden [16]. Die schwere Paracetamolvergiftung führt zum akuten Leberversagen. Bei rechtzeitigem Einsatz von N-Acetylcystein kann dieses in jedem Fall verhindert werden. Da es aber sehr viele harmlose Paracetamolingestionen gibt, stellt sich die Frage, ob N-Acetylcystein in diesen Fällen überhaupt notwendig ist. Eine Spiegelbestimmung im Serum kann diese Frage beantworten. Vor allem bei Patienten, die kein N-Acetylcystein benötigen, tritt nicht selten eine anaphylaktoide Reaktion auf, da Paracetamol die Entstehung von Interleukinen, die für diese Reaktion verantwortlich sind, verhindert [6].

Diphenhydraminvergiftung ▼ Diphenhydramin ist in vielen frei verkäuflichen Schlafmitteln vorhanden. Die leichte Diphenhydraminvergiftung ist durch Schläfrigkeit, die mittelschwere durch ein anticholinerges Syndrom, die schwere durch ein Koma mit Krampfanfällen gekennzeichnet. Die mittelschwere Diphenhydraminvergiftung kann mit Physostigminsalizylat (Cave zu schnelle Injektion)[34], die schwere mit Sedierung, Intubation und Beatmung behandelt werden.

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

38

CME | Review article

39

Vergiftungen durch tri- und tetrazyklische Antidepressiva ▼

Vergiftungen durch neue Antidepressiva ▼ Zu den neuen Antidepressiva gehören die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Escitalopram. Ebenfalls dazu zählen die nichtselektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (NSRI) wie Venlafaxin und Bupropion, die gleichzeitig die Aufnahme von Noradrenalin und Dopamin hemmen. Die Ersteren sind wenig toxisch, während die Letzteren kardiotoxisch werden können. Die Symptome sind Bewusstseinstrübung, Verwirrtheit, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Tachykardie, Hypotonie und selten Krampfanfälle. Bei alleiniger oder der kombinierten Aufnahme von SRI und anderen Psychopharmaka kann es zum Serotoninsyndrom kommen, das gekennzeichnet ist durch Verwirrtheit, Unruhe, Hyperthermie, Schwitzen, Tachykardie und durch neuromuskuläre Symptome wie Myoklonie, Hyperreflexie, Tremor und Muskelrigor [12]. Die Sedierung mit Benzodiazepinen ist empfehlenswert. Natriumbicarbonat kann die Kardiotoxizität günstig beeinflussen.

Vergiftungen durch Lithium ▼ Iatrogene/akzidentielle Vergiftungen durch Lithium sind wegen der geringen therapeutischen Breite nicht selten. Ursache ist häufig die Gabe von Hydrochlorothiazid in Antihypertensiva, die bei älteren Patienten unter Lithiumtherapie mit Hypertonie unbedacht eingesetzt werden. Hydrochlorothiazid führt zur vermehrten Lithiumrückresorption in der Niere. Symptome einer schweren Lithiumvergiftung sind Somnolenz, Dysarthrie, Hyperreflexie, Tremor, Rigor und eine Niereninsuffizienz. Die beste Therapie ist ein Ausgleich der Natriumverarmung und eine Hämodialyse. Die Indikation hierfür wird nach dem Lithiumspiegel und dem klinischen Bild gestellt [15].

Vergiftungen durch Quetiapin ▼ Die Neuroleptikavergiftung soll hier anhand des Quetiapins besprochen werden. Schwere Quetiapinvergiftungen sind nach der Ingestion von mehr als 3 g zu erwarten. Die Symptome sind Schläfrigkeit, Tachykardie, Delir, Hypotension und Krampfanfälle. Manche Patienten weisen ein anticholinerges Syndrom auf, das auf Physostigmin anspricht. Bei verlängerter QT-Zeit muss von einer Kardiotoxizität ausgegangen werden [14]. Eine besondere Gefahr geht von den Retardpräparaten aus mit über Tage ansteigenden Serumspiegeln. Höchste Gefahr besteht bei der Aufnahme von mehr als 10 g eines Retardpräparates. In solchen Fällen ist eine orthograde Darmspülung indiziert.

Vergiftungen durch Kardiologika ▼ Digitalisvergiftungen Digitalisvergiftungen sind gekennzeichnet durch Übelkeit, Farbsehstörungen und Herzrhythmusstörungen. Durch die Verfügbarkeit der Digitalisantikörper hat sich die Letalität der schweren Digitalisvergiftungen von 50 auf 5 % gesenkt [40]. Bei EKG-Veränderungen, die über eine ST-Strecken-Senkung und einen AV-Block I. Grades hinausgehen, und bei tachykarden Rhythmusstörungen, ist die Indikation für ihren Einsatz gegeben [40]. Die Dosis des Antiserums richtet sich nach der aufgenommenen Digitalismenge. Nach der Gabe des Antikörpers ist die Digitalisbestimmung im Serum gestört.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Schwere Vergiftungen mit tri- und tetrazyklischen Antidepressiva entwickeln sich, wenn die 10-fache Tagesmaximaldosis überschritten wird [11]. Die Wirkung tritt verzögert auf und wird dann lebensbedrohlich. Häufig wird zu Beginn der Vergiftung ein anticholinerges Syndrom durchlaufen, das in ein Koma, zerebrale Krämpfe und Herzkreislaufversagen übergeht. Im EKG findet sich eine verzögerte intraventrikuläre Erregungsausbreitung mit QRS-Verbreiterung und eine Verlängerung der QTc-Zeit. Die Gabe von 8,4 %igem Natriumbicarbonat (1–2 ml/kg KG) ist dann indiziert [28]. Zur Therapie der Kaliumkanal-vermittelten Verlängerung der QT-Zeit kann Magnesiumsulfat eingesetzt werden. Bessert sich die Kreislaufsituation nicht, so müssen Katecholamine verwendet werden. Bleibt die Therapie auch dann noch refraktär, kann zur Aufrechterhaltung des Kreislaufes eine extrakorporale Blutzirkulation zum Einsatz kommen. Eine gleichzeitige Vergiftung mit Benzodiazepinen darf nicht mit Flumazenil behandelt werden [33].

CME | Review article Vergiftung durch Beta-Rezeptorenblocker Man kann die Beta-Rezeptorenblocker nach ihrer Lipophilie und Spezifität am Rezeptor einteilen. Lipophile und unspezifische Beta-Rezeptorenblocker sind toxischer als hydrophile und spezifische. Es bedarf einer massiven Überdosierung bevor Beta-Rezeptorenblocker richtig gefährlich, dann aber kaum mehr beherrschbar, werden. Die Kardiotoxizität zeigt sich in Bradykardie, AV-Blockierungen, QRS-Verbreiterung und Kreislaufversagen. Eine geringe Volumenüberladung führt zum Lungenödem. Wenn in dieser Situation Katecholamine keine Verbesserung herbeiführen, kann Glukagon in hohen Dosen eingesetzt werden [22]. Alternativ gibt es die Möglichkeit Glukose/Insulin in hohen Dosen zu infundieren (siehe unter Kalziumkanalantagonisten). In einzelnen Kasuistiken war auch eine Lipid Rescue erfolgreich [20, 35].

Vergiftungen durch Kalziumkanalantagonisten Kalziumkanalantagonisten vom Verapamiltyp sind toxischer als die vom Nifendipintyp.  Diese Vergiftungen sind lebensbedrohlich und manchmal therapierefraktär. Schwere Vergiftungssymptome treten mit Verzögerung auf. Nach einer Phase mit Reflextachykardie kommt es zu Bradykardie, AV-Blockierung und Kammerersatzrhythmen. Es folgt ein Kreislaufversagen. Ein deutlicher Warnhinweis ist die Apathie des Patienten, eine beginnende metabolische Azidose und eine Hyperglykämie. Ein frühzeitiges invasives Herz-Kreislauf-Monitoring muss auf der Intensivstation installiert werden. Bei Vergiftungen mit Retardpräparaten muss an eine orthograde Darmspülung gedacht werden. Kalziumchlorid ist eine naheliegende Therapieoption, bei schweren Vergiftungen aber wirkungslos. Auch hier hat sich die Therapie mit hohen Dosen Insulin bewährt [38]. Die Insulindosis beträgt 1 IE/kg KG als Bolus, gefolgt von 1 IE/kg KG/h. Hohe Dosen von Glukose (ca. 30 g/Std.) sind notwendig um eine Hypoglykämie zu vermeiden. Es gibt Einzelfallberichte bei der sich die Lipid rescue auch bei dieser Vergiftung bewährt hat (s. u.).

Vergiftungen durch Ethylenglykol und Methanol ▼ Diese Vergiftungen sind gekennzeichnet durch eine metabolische Azidose, da Ethylenglykol im Körper durch die Alkoholdehydrogenase zu Glykolat und Oxalat, Methanol zu Formaldehyd und Ameisensäure metabolisiert werden. Ethylenglykol wird rasch metabolisiert und führt zuerst zum Nierenversagen und dann zu ZNS-Symptomen. Methanol wird langsamer metabolisiert und führt dann zum Hirnödem. Mit Massenvergiftungen ist jederzeit durch illegale Schnapsproduktion – wie vor Kurzem in Tschechien geschehen – zu rechnen [27]. Die Therapie besteht in der Gabe des ADH-Hemmers 4-Methylpyrazol (Fomepizol) [9]. Ethanol ist eine weniger gute Alternative aber überall verfügbar. Ethylenglykol, Methanol und ihre Metaboliten sollten durch Hämodialyse entfernt werden. Bei der Methanolvergiftung ist Leucovorin ein zusätzliches Antidot.

Rauchgas-/Kohlenmonoxidvergiftungen ▼ Kohlenmonoxidvergiftungen ereignen sich bei Inhalation von Rauchgasen in Bränden. Sie kommen allerdings auch noch bei defekten Gasheizungen und durch Grillen in geschlossenen Räumen vor. Die Therapie besteht in einer kurzzeitigen Beatmung mit reinem Sauerstoff. Hyperbare Oxygenation in einer Druckkammer kann möglicherweise Spätschäden am ZNS verhindern. Allerdings ist die Wirksamkeit bis heute umstritten [10, 36]. Die vor Ort pulsoximetrisch messbaren CO-Spiegel korrelieren mit den Blausäurespiegeln bei Rauchgasvergifteten [41]. Der Einsatz von Hydroxocobalamin als Blausäureantidot bei bewusstlosen Rauchgasvergifteten erscheint gerechtfertigt [7].

Knollenblätterpilzvergiftungen ▼ Die schwerwiegendste Pilzvergiftung ist die Knollenblätterpilzvergiftung. Die Amatoxine sind auch in der Galerina marginata (Nadelholzhäubling) und Lepiotaarten (Schirmlinge) enthalten. Das klinische Bild ist charakterisiert durch eine lange Latenz zwischen Pilzmahlzeit und ersten Symptomen. Meist beträgt die Latenz 10–12 Stunden, ganz selten liegt sie unter 6 Stunden. Die Symptome sind heftig und bestehen in Erbrechen und Durchfall. Am zweiten Tag nach Ingestion entwickelt sich eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Hepatopathie, die im fulminanten Leberversagen tödlich enden kann. Durch den Einsatz von Silibinin möglichst vor der 24.  Stunde nach Pilzmahlzeit hat sich im historischen Vergleich die Letalität von 20 auf 6 % gesenkt [17, 18]. Als ultima ratio kann eine Lebertransplantation vorgenommen werden [19].

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

40

CME | Review article

41

Organophosphat-Insektizide und chemische Kampfstoffe, wie z.B. Sarin, führen zu einer Blockade der Acetylcholinesterase. Die Symptomatik besteht in einer Überstimulation sowohl des vegetativen Nervensystems als auch des ZNS durch den mangelnden Abbau von Acetylcholin, dem wichtigsten Neurotransmitter. Sehr typisch ist die cholinerge Krise. Sie geht einher mit Salivation, Bronchorrhoe, Erbrechen, Durchfall, Schwitzen, Bradykardie, Miosis und Krampfanfall. Auch die neuromuskuläre Übertragung ist gestört. Nach anfänglicher Übererregung mit Myoklonien kommt es zur Lähmung der peripheren Muskulatur, vor allem der Atemmuskulatur. Hochdosiertes Atropin kann die muskarinischen Rezeptoren blockieren und im vegetativen Nervensystem die Überstimulation hemmen. Im Hirn ist die Atropinwirkung unzureichend, weshalb zur Krampftherapie noch Benzodiazepine nötig werden. An der neuromuskulären Synapse ist Atropin unwirksam, da der Rezeptor dort nicotinerg und von Atropin nicht beeinflussbar ist. Deshalb wird eine Sedierung u. U. sogar Relaxierung mit Beatmung notwendig. Das in Deutschland verfügbare Obidoxim reaktiviert bei den sogenannten Diethylorganophosphaten, z.B. Ethylparathionvergiftungen (E605), die Acetylcholinesterase. Es ist jedoch wenig wirksam bei den Dimethylorganophosphaten wie Oxydemetonmethyl und Dimethoat, allerdings tritt die Wirkung beim Parathion viel rascher ein, während bei den beiden anderen Verbindungen längere Zeit vergeht, bis der Patient in eine lebensbedrohliche Situation gerät.

Lipid rescue ▼ Bei den seltenen Vergiftungen durch Lokalanästhetika hat sich die Gabe einer Fettemulsion als lebensrettend erwiesen. Bis zu 150 ml einer 20 %igen Lipidlösung können im Notfall infundiert werden und sind immer bei einer Überdosierung durch Lokalanästhetika (auch Lidocain i. v.) wirksam [37]. Dieses Prinzip wurde nun auch auf Kardiologika, TCA und Quetiapin ausgeweitet. Obwohl bei diesen Vergiftungen nicht mit hoher Verlässlichkeit wirksam, wurden viele Kasuistiken veröffentlicht, die über Erfolge berichten konnten [20, 35]. Konsequenz für die Klinik

3Zur optimalen Versorgung von Vergiftungen sind 5 Punkte zu beachten: Transport, Elementarhilfe (Basismaßnahmen), Asservierung, Antidottherapie, Giftentfernung. 3Bewusstlose Patienten sind grundsätzlich durch den Notarzt zu transportieren. 3Vor der Gabe von viel Volumen ist zu warnen. 3Bei manchen Vergiftungen wie der Organophosphat- und Cyanidvergiftung kann ohne Antidottherapie vor Ort keine Stabilisierung des Patienten erreicht werden. 3Die Asservierung mit exakter Beschriftung, möglichst zu einem frühen Zeitpunkt hilft, die Diagnose abzusichern und forensische Folgen abzuwenden. 3Die Antidottherapie vor Ort oder auch in der Klinik kann lebensrettend oder krankheitsverkürzend sein. Im Notarztwagen sollten Atropin 1 %ig und 4-DMAP mitgeführt werden. Die Bestückung mit Hydroxocobalamin, Insulin und Lipidemulsion ist in der Diskussion. 3Kliniken der Maximalversorgung sollten über einen Vorrat an lebensrettenden und supportiven Antidoten verfügen. Eine GIZ muss bei allen Vergiftungen eingeschaltet werden, da diese auch über neue, noch wenig bekannte Therapieverfahren Bescheid wissen. Bei den meisten Vergiftungen ist eine gute supportive Intensivtherapie ausreichend.

Autorenerklärung: Der Autor erklärt, dass er keine finanzielle Verbindung mit einer Firma hat, deren Produkt in diesem Beitrag eine Rolle spielt (oder mit einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt).

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Organophosphatvergiftung ▼

CME | Review article

Literatur 1 American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists. Position Paper: Cathartics. J Toxicol Clin Toxicol 2004; 42: 243–253 2 American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicology. Position Paper: Ipecac Syrup. J Toxicol Clin Toxicol 2004; 42: 133–143 3 American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists. Position Statement and Practice Guidelines on the Use of Multi-Dose Activated Charcoal in the Treatment of Acute Poisoning. J Toxicol Clin Toxicol 1999; 37: 731–751 4 American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists. Position Paper: Single-dose activated Charcoal. J Toxicol Clin Toxicol 2005; 43: 61–87 5 American Academy of Clinical Toxicology, European Association of Poisons Centres and Clinical Toxicologists. Position Paper: Whole Bowel Irrigation. J Toxicol Clin Toxicol 2004; 42: 843–854 6 Bateman DN, Woodhouse KW, Rawlins MD. Adverse reactions to N-acetylcysteine. Hum Toxicol 1984; 3: 393–398 7 Baud FJ, Barriot P, Toffis V et al. Elevated blood cyanide concentrations in victims of smoke inhalation. N Engl J Med 1991; 325: 1761–1766 8 Benson BE, Hoppu K, Troutman WG et al. Position paper update: gastric lavage for gastrointestinal decontamination. Clin Toxicol 2013; 51: 140–146 9 Brent J, McMartin K, Phillips S et al. Fomepizole for the treatment of methanol poisoning. N Engl J Med 2001; 344: 424–429 10 Buckley NA, Juurlink DN, Isbister G et al. Hyperbaric oxygen for carbon monoxide poisoning. Cochrane Database Syst Rev 2011; CD002041 11 Crome P. Poisoning due to tricyclic antidepressant overdosage: Clinical presentation and treatment. Med Toxicol 1986; 1: 261–285 12 Dunkley EJ, Isbister GK, Sibbritt D et al. The Hunter Serotonin Toxicity Criteria: simple and accurate diagnostic decision rules for serotonin toxicity. QJM 2003; 96: 635–642 13 Eyer F, Jung N, Neuberger H et al. Enteral exsorption of acetaminophen after intravenous injection in rats: influence of activated charcoal on this clearance path. Basic Clin Pharmacol Toxicol 2007; 101: 163–171 14 Eyer F, Pfab R, Felgenhauer N et al. Clinical and analytical features of severe suicidal quetiapine overdoses – a retrospective cohort study. Clin Toxicol 2011; 49: 846–853 15 Eyer F, Pfab R, Felgenhauer N et al. Lithium poisoning: pharmacokinetics and clearance during different therapeutic measures. J Clin Psychopharmacol 2006; 26: 325–330 16 Flanagan RJ, Meredith TJ. Use of N-acetylcysteine in clinical toxicology. Am J Med 1991; 91: 131S–139S 17 Floersheim GL, Weber O, Tschumi P et al. Die klinische Knollenblätterpilzvergiftung (Amanita phalloides): Prognostische Faktoren und therapeutische Maßnahmen. Schweiz Med Wochenschr 1982; 112: 1164–1177 18 Ganzert M, Felgenhauer N, Schuster T et al. Amanita poisoning -comparison of silibinin with a combination of silibinin and penicillin. Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 2261–2267 19 Ganzert M, Felgenhauer N, Zilker T. Inidication of liver transplantation following amatoxin intoxication. J Hepatol 2005; 42: 202–209 20 Groszek B. Intravenous fat emulsions in toxicology. Przegl Lek 2012; 69: 477–482 21 Guidelines 2000 for Cardiopulmonary and Emergency Cardiovascular Care, Section 2. Circulation 2000; 108, 8: 1223–1228 22 Heath A. Beta-adrenoceptor blocker toxicity: clinical features and therapy. Am J Emerg Med 1984; 2: 518–525 23 Höjer J, Troutman WG, Hoppu K et al. Position paper update: ipecac syrup for gastrointestinal decontamination. Clin Toxicol 2013; 51: 134–139 24 Li Y, Tse ML, Gawarammana I et al. Systematic review of controlled clinical trials of gastric lavage in acute organophosphorus pesticide poisoning. Clin Toxicol 2009; 47: 179–192 25 Meyer S, Eddleston M, Bailey B et al. Unintentinonal household poisoning in children. Klin Pädiatr 2007; 219: 254–270 26 Mühlendahl KE, von Oberdisse U, Bunjes R, Brockstedt M Hrsg. Vergiftungen im Kindesalter. 4. Auflage Stuttgart New York, Georg Thieme Verlag 27 Pelclova D, Zakharov S, Navratil T et al. Methanol outbreak in the Czech Republic in 2012: Epidemiology and clinical features. Clin Toxicol 2013; 51: 252–253 28 Pentel PR, Benowitz NL. Tricyclic antidepressant poisoning. Management of arrhythmias. Med Toxicol 1986; 1: 101– 121 29 Persson HE, Sjoberg GK, Haines JA et al. Poisoning severity score. Grading of acute poisoning. J Toxicol Clin Toxicol 1998; 36: 205–213 30 Pond SM, Lewis-Driver DJ, Williams GM et al. Gastric emptying in acute overdose: a prospective randomised controlled trial. Med J Aust 1995; 163: 345–349 31 Proudfoot AT, Krenzelok EP, Vale JA. Position Paper on Urine Alkalinization. J Toxicol Clin Toxicol 2004; 42: 1–26 32 Reed CE, Driggs MF, Foote CC. Acute barbiturate intoxication. Ann Intern Med 1952; 37: 290–303 33 Seger DL. Flumazenil-treatment or toxin. J Toxicol Clin Toxicol 2004; 42: 209–216 34 Walker WE, Levy RC, Hanenson IB. Physostigmine- its use and abuse. JACEP 1976; 5: 436–439 35 Waring WS. Intravenous lipid administration for drug-induced toxicity: a critical review of the existing data. Expert Rev Clin Pharmacol 2012; 5: 437–444 36 Weaver LK, Hopkins RO, Chan KJ et al. Hyperbaric oxygen for acute carbon monoxide poisoning. N Engl J Med 2002; 347: 1057–1067 37 Weinberg G. Lipid rescue resuscitation from local anaesthetic cardiac toxicity. Toxicol Rev 2006; 25: 139–145 38 Yuan Th, Kerns WP, Tomaszewski CA et al. Insulin-glucose as adjunctive therapy for severe calcium channel antagonist poisoning. J Toxicol Clin Toxicol 1999; 37: 463–474 39 Zilker T. Klinische Toxikologie für die Notfall- und Intensivmedizin. Bremen-London-Boston, UNI-MED Verlag AG 2008 40 Zilker T, von Clarmann M, Felgenhauer N et al. Durchbruch in der Therapie der lebensbedrohlichen Digitalisintoxikation durch den Einsatz von Schaf-Antidigoxin-Fab-Fragmenten. Intensivbehandlung 1983; 8: 149–157 41 Geldner G, Koch EM, Gottwald-Hostalek U et al. Report on a study of fires with smoke gas development: determination of blood cyanide levels, clinical signs and laboratory values in victims. Anaesthesist 2013; 62: 609–616

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

42

CME | Review article

Quiz-Fragen

43

Akute Intoxikationen bei Erwachsenen – was Sie wissen sollten

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Acute intoxication in adults – what you should know

1 Welche der folgenden Aussagen zu klinischen Symptomatik der Organophosphatvergiftung trifft nicht zu?

a b c d e

Die Patienten haben eine vermehrte Bronchialsekretion. Bei schwerer Vergiftung besteht eine Bradykardie. Die Pupillen sind in der Regel eng gestellt. Die Patienten leiden an Obstipation. Eine ZNS-Symptomatik tritt häufig auf.

a b c

Für den Transport eines Patienten mit Vergiftung ist kein Notarzt erforderlich. Bereits beim Transport sollte Erbrechen mit IPECAC-Sirup induziert werden. Die wichtigste Aufgabe während des Transports vergifteter Personen ist die Verhinderung einer Aspiration. Der Anruf bei der Giftinformationszentrale ist überflüssig, wenn man eine bestimmte Vergiftung schon einmal behandelt hat Eine Asservierung von Urin und Blut ist nur bei Verdacht auf ein Tötungsdelikt notwendig.

2 Welche Aussagen zu den Grundregeln der Behandlung von Vergiftungen trifft zu?

d e

3 Welche der folgenden Aussagen zur Giftentfernung trifft zu?

a b c d e

Bei einer schweren Vergiftung mit toxischen Alkoholen ist eine Hämodialyse indiziert. Die wiederholte Gabe von oral verabreichter Medizinalkohle gilt nicht als wirksam. Die Magenspülung kann die Schwere und den Verlauf von Vergiftungen wesentlich beeinflussen. Abführmittel führen zu einem nachweislich besseren Ausgang bei Vergiftungen. Eine Urinalkalisierung ist bei fast allen Vergiftungen gerechtfertigt.

a b c d e

Vergiftung mit Lithium Vergiftung mit Paracetamol Vergiftung mit Knollenblätterpilz Vergiftung mit Kaziumkanalblockern Vergiftung mit Rauchgas

a b c d e

Jeder schweren Vergiftung. Bei Giften, die zur Bezoarbildung geführt haben. Bei schweren Vergiftungen durch Retardpräparate. Bei allen Schlafmittelvergiftungen. Nur bei Patienten, die bei Bewusstsein sind.

4 Die extrakorporale Giftentfernung kann indiziert sein bei einer . . .

5 Eine orthograde Darmspülung ist indiziert bei:

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

CME

>

CME | Review article

Quiz-Fragen 6 Welche Aussage zur Labordiagnostik bei Vergiftungen trifft zu?

a b c d e

Die Gabe eines Antidots kann die Labordiagnostik stören. Bei Gasvergiftungen erfolgt die Diagnostik über den Urin. Eine Serumspiegelbestimmung bei der Paracetamolvergiftung ist überflüssig. Im Blut lassen sich die meisten Substanzen und ihre Metabolite am besten nachweisen Bei einer Organophosphatvergiftung ist die Butyrylcholinesterase im Blut erhöht.

a b

Eine Organophosphatvergiftung wird mit Atropin behandelt. Vergiftungen mit Beta-Blockern können mit Insulin in hoher Dosierung und Glukose behandelt werden. Bei einer Rauchgasvergiftung kann Hydroxocobalamin verabreicht werden. Bei einer Paracetamolvergiftung kann N-Acetylcystein ein akutes Leberversagen verhindern. Eine Vergiftung mit tri- oder tetrazyklischen Antidepressiva und Benzodiazepinen wird mit Flumazenil behandelt.

7 Welche Aussage zur Antidottherapie trifft nicht zu?

c d e

8 Welche Antidote sollte der Notarzt unbedingt mit sich führen?

a b c d e

N-Acetylcystein und DMPS Atropin und 4-DMAP Silibinin und Vitamin K Fomepizol und Digitalisantidot Toluidinblau und Berliner Blau

a b c d e

nach 1–2 Stunden nach 4–6 Stunden nach 10–12 Stunden nach 24–36 Stunden später als nach 36 Stunden

a b c d e

Die Gabe von Katecholaminen bei Kreislaufinsuffizienz. Die Intubation zur Verhinderung einer Aspiration. Die i. v.-Gabe von Natriumbikarbonat. Sedierung um die Beatmung zu erleichtern. Die rasche Gabe von viel (> 2 Liter) Volumen zur Kreislaufstabilisierung.

9 Nach welcher Latenzzeit nach der Pilzmahlzeit treten die ersten Symptome einer Knollenblätterpilzvergiftung meist auf?

10 Welche der folgenden therapeutischen Maßnahme ist nicht geeignet, die Situation bei Vergiftungen durch kardiotoxische Medikamente zu verbessern?

Teilnahmebedingungen Für diese Fortbildungseinheit erhalten Sie drei Fortbildungspunkte. Hierfür 3 müssen 7 der 10 Quiz-Fragen richtig beantwortet sein. 3 müssen Seite 1 und Seite 2 des Evaluationsbogens vollständig ausgefüllt sein. Unvollständig ausgefüllte Bögen können nicht berücksichtigt werden! 3 muss die DMW-Abonnement-Nummer im Feld D eingetragen bzw. über das Internet eingegeben sein.

CME

Einsendeschluss ist der 15.12.2014 (Datum des Poststempels bzw. Datum der OnlineTeilnahme). Die Teilnahme-Bescheinigungen für auf dem Postweg eingesandte Antwortbogen werden innerhalb von 3 Wochen nach Eingang im Verlag versandt. Online-Teilnehmer unter CME.thieme.de erhalten eine direkte Rückmeldung mit der Möglichkeit, ein Teilnahme-Zertifikat auszudrucken. Von telefonischen Anfragen bitten wir abzusehen.

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Wichtige Hinweise Die CME-Beiträge der DMW wurden durch die Nordrheinische Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannt. Die DMW ist zur Vergabe der Fortbildungspunkte für diese Fortbildungseinheit berechtigt. Diese Fortbildungspunkte der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung werden von anderen zertifizierenden Ärztekammern sowie, gemäß der Novellierung der DFP-Richtlinien vom vom 30.06.2010 (§ 14 Ziff. 3), auch von den österreichischen Ärztekammern anerkannt. Die Vergabe der Fortbildungspunkte ist nicht an ein Abonnement gekoppelt!

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

44

CME | Review article

Evaluationsbogen A

45

Akute Intoxikationen bei Erwachsenen – was Sie wissen sollten

Angaben zur Person Name, Vorname, Titel: Straße, Hausnr.:

PLZ | Ort:

Anschrift:

privat

dienstlich

Ich bin Mitglied der Ärztekammer (bitte Namen der Kammer eintragen): Jahr meiner Approbation:

Ich habe eine abgeschlossene Weiterbildung in (bitte Fach eintragen): Ich bin tätig als:

Assistenzarzt

Ich bin DMW-Abonnent:

Oberarzt

ja

Chefarzt

niedergelassener Arzt

Sonstiges:

nein

Falls nein: ich habe den Fragebogen aus/von:

Thieme-connect

Kollegen

der Klinik

einer Bibliothek

Sonstiges

B

Lernerfolgskontrolle Eine Antwort pro Frage ankreuzen

C

1

A

B

C

D

E

6

A

B

C

D

E

2

A

B

C

D

E

7

A

B

C

D

E

3

A

B

C

D

E

8

A

B

C

D

E

4

A

B

C

D

E

9

A

B

C

D

E

5

A

B

C

D

E

10

A

B

C

D

E

Erklärung Ich versichere, dass ich die Beantwortung der Fragen selbst und ohne fremde Hilfe durchgeführt habe Ort | Datum:

D

Unterschrift:

E

Feld für Abonnement-Nummer Bitte in dieses Feld Ihre DMW Abonnement-Nummer eintragen:

Zertifizierungsfeld (wird durch die DMW ausgefüllt) Ihr Ergebnis

(siehe Adressaufkleber Ihrer DMW) Sie haben

von 10 Fragen richtig beantwortet.

Sie haben bestanden

nicht bestanden

ungültig weil: Stuttgart, den

>

Bitte unbedingt Rückseite ausfüllen

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Datum

CME

Stempel/Unterschrift

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

Ich befinde mich in der Weiterbildung zum:

CME | Review article

Evaluationsbogen

F

Akute Intoxikationen bei Erwachsenen – was Sie wissen sollten

Fragen zur Zertifizierung Eine Antwort pro Frage bitte unbedingt ausfüllen bzw. ankreuzen, da die Evaluation sonst unvollständig ist!

Didaktisch-methodische Evaluation 1 Das Thema des Beitrages kommt in meiner ärztlichen Tätigkeit

2

häufig vor

selten vor

regelmäßig vor

gar nicht vor

Bei diesem Thema habe ich eine feste Gesamtstrategie noch offene Einzelprobleme: keine Strategie

3

In Bezug auf das Thema des Beitrages fühle ich mich nach dem Studium des Beitrags in meiner Strategie bestätigt habe ich meine Strategie verändert: habe ich erstmals eine einheitliche Strategie erarbeitet habe ich keine einheitliche Strategie ableiten können

4

5

Wurden aus der Sicht Ihrer täglichen Praxis heraus wichtige Aspekte des Themas nicht erwähnt?

ja, welche

nein

zu knapp abgehandelt?

ja, welche

nein

überbewertet?

ja, welche

nein

Verständlichkeit des Beitrages Der Beitrag ist nur für Spezialisten verständlich Der Beitrag ist auch für Nicht-Spezialisten verständlich

6 >

Beantwortung der Fragen Die Fragen lassen sich aus dem Studium des Beitrags allein beantworten

Für die Teilnahme auf dem Postweg

Die Fragen lassen sich nur unter Zuhilfenahme zusätzlicher Literatur beantworten

senden Sie den vollständig ausgefüllten Evaluationsbogen mit dem Eintrag Ihrer Abonnement-Nummer im Feld D und einen ausreichend

7

frankierten und an Sie selbst

Die Aussagen des Beitrags benötigen eine ausführlichere Darstellung zusätzlicher Daten

adressierten Rückumschlag an:

von Befunden bildgebender Verfahren

Georg Thieme Verlag, DMW

die Darstellung ist ausreichend

Stichwort „CME“ Postfach 301120 70451 Stuttgart Einsendeschluss: 15.12.2014

8

Wieviel Zeit haben Sie für das Lesen des Beitrags und die Bearbeitung des Quiz benötigt?

VNR 2760512013141211715

CME

Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 31–46 · Th. Zilker, Akute Intoxikationen bei …

Heruntergeladen von: Collections and Technical Services Department. Urheberrechtlich geschützt.

46

[Acute intoxication in adults - what you should know].

Ingestion of household products and plants are the leading cause for calls to the poison control centres as far as children are involved. Severe intox...
439KB Sizes 0 Downloads 0 Views