Facharztwissen HNO 113

Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen Acute External Otitis and its Differential Diagnosis M. Fischer, A. Dietz

Zusammenfassung

Abstract

Die akute Otitis externa ist eine Entzündung des Gehörgangs, die auch auf die Ohrmuschel und das Trommelfell übergreifen kann. Die Anamnese differenziert typischerweise das Vorliegen von prädisponierenden Faktoren oder den Kontakt zu potenziell kontaminiertem Wasser (Badeotitis). Ein plötzlicher Beginn mit Auftreten von Ohrenschmerzen, Juckreiz, Otorrhö und die klinische Untersuchung mit Gehörgangsentzündung sowie Tragusdruck- und Ohrmuschelzugschmerz sind wegweisend für die Diagnosefindung. Bei unkomplizierter akuter Otitis externa ohne Vorliegen von Risikofaktoren besteht die Therapie in der Gehörgangsreinigung und Applikation von topischen Medikamenten sowie in einer ausreichenden analgetischen Therapie. Insbesondere bei Vorliegen einer Trommelfellperforation oder dem Vorhandensein einer Paukendrainage dürfen keine ototoxischen Präparate verordnet werden. In der Regel spricht die Entzündung auf die Therapie binnen 48–72 Stunden an und ist meist nach 6–7 Tagen ausgeheilt.

Acute external otitis is an inflammation of the ear canal, which can involve the pinna and the tympanic membrane. The history typically differentiates the presence of predisposing factors or contact with potentially contaminated water (swimmer‘s ear). A sudden onset with occurrence of ear pain, itching, otorrhea, and a physical examination revealing an inflammation of the ear canal and pain caused by manipulation on the tragus or pulling the pinna are crucial to the diagnosis. In uncomplicated acute external otitis, without the presence of risk factors, the therapy consists of cleaning the ear canal, application of topical medication and sufficient analgesic therapy. In the presence of a perforated tympanic membrane or the presence of a tympanostomy tube no ototoxic drugs may be prescribed. In ­general, the inflammation is responsive to the treatment, within 48–72 hours and is generally resolved after 6–7 days.

Allgemeines Dieser Beitrag aus der Serie „Facharztwissen HNO“ in der Laryngo-Rhino-Otologie widmet sich dem Thema „Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen“. Über das Jahr verteilt erscheinen in unserer Rubrik „Facharztwissen HNO“ alle 2 Monate didaktisch aufbereitete Übersichtsartikel. Diese greifen die Hauptthemen der Kursreihe „Facharztwissen HNO“ auf, die im Wechsel an den HNO-Kliniken in Dresden, Erfurt, Jena, Leipzig, Magdeburg und Halle stattfindet (jährliche Veranstaltung der Professoren Andreas Dietz, Orlando Guntinas-Lichius, Thomas Zahnert, Dirk Eßer, Chris-



toph Arens und Stefan Plontke). Diese Kursreihe zielt erstrangig auf Assis­tenten in der Weiterbildung HNO-Heilkunde ab und soll in möglichst persönlichem Rahmen eine direkte Diskussion der Lehrinhalte im Rahmen eines interaktiven Workshops ermöglichen. Die Autoren haben sich zur Aufgabe gemacht, die Inhalte praxisgerecht mit Rücksicht auf aktuelle wissenschaftliche Entwicklungen anzubieten. Der Inhalt des HNO-Facharztwissens unterliegt einem ständigen Fluss, sodass durch das Konsensusverfahren der 6 genannten ausgewiesenen Fachvertreter die Aktualität und Belastbarkeit des angebotenen Wissens angestrebt wird.

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114 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

Entzündliche Erkrankungen des äußeren Gehörgangs stellen eines der häufigsten Erkrankungsbilder in der HNO-Heilkunde dar. Diagnose und Therapie dieser Erkrankung haben hohe Relevanz sowohl für die ambulant und klinisch tätigen HNO-Fachärzte als auch für Allgemeinmediziner, praktische Ärzte und Pädiater. Diese Arbeit gibt einen Überblick über Diagnose und Therapie der akuten Otitis externa unter Berücksichtigung der aktuellen klinischen Handlungsempfehlung der American Academy of Otolaryngology, Head and Neck Surgery sowie deren Differenzialdiagnosen [1]. Diese Empfehlungen gelten für Erwachsene, Jugendliche und Kinder ab 2 Jahren.

Merke: Entzündungen der Kutis und Subkutis des äußeren Gehörgangs sowie bei Übergreifen auf die Ohrmuschel oder das Trommelfell werden als Otitis externa bezeichnet.

Risikofaktoren, Häufigkeit und Ätiologie Die im Gehörgang befindlichen Talg- und Schweißdrüsen bilden einen Fettsäureschutzmantel; das Zerumen mit seinem sauren pHWert (  6, was die Ausbreitung der Entzündung fördert [4]. Weiterhin kann durch Manipulation (z. B. Einführen von Wattestäbchen in den Gehörgang) Zerumen Richtung Trommelfell vorgeschoben werden. Dies stört die Selbstreinigung des Gehörgangs und resultiert in einer „Brutkammer“ für pathogene Bakterien.

Tab. 1  Prädisponierende Faktoren für eine Otitis externa [3]. Art anatomische Veränderungen

Hautveränderungen

Gehörgangsverlegung Wasser im Gehörgang

Zerumen und gestörte Epithelintegrität

diverses

Prädisposition – Gehörgangsstenose – Exostosen –  starke Behaarung des ­Gehörgangs – Ekzem – Psoriasis – Seborrhö –  andere inflammatorische Dermatosen –  Cerumen obturans – Fremdkörper – Epidermiszyste – Feuchtigkeit – Schwitzen –  Schwimmen oder andere längere Wasserexposition – Zerumenentfernung – Ohrstöpsel – Hörgeräte – Manipulation/Kratzen –  purulente Otorrhö bei Otitis media – Seife – Stress –  Blutgruppe A

Die Lebenszeitprävalenz für eine akute Otitis externa beträgt ca. 10 % [5]. Eine Otitis externa kommt bei Frauen am häufigsten zwischen dem 45. und 54. Lebensjahr, bei Männern zwischen dem 65. und 74. Lebensjahr und bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 7 und 12 Jahren vor [6]. Zu den typischen Erregern der akuten Otitis externa gehören Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus, Proteus mirabilis, Escherichia coli, Streptococcus spp., aber auch Pilze wie Aspergillus species (60–90 %) und Candida species (10–40 %) [1, 3, 4, 7]. Ca. ein Drittel aller Fälle ist jedoch polybakteriell verursacht [1]. Eine durch Pilze verursachte akute Otitis externa tritt selten primär auf, sondern eher im Rahmen einer chronischen Otitis externa oder nach vorangegangener Therapie einer akuten Otitis externa mit topischen bzw. systemischen Antibiotika [1]. Relativ häufig finden sich Pilzrasen auf Zerumenplaques, wenn diese übermäßig lang im Gehörgang oder in Radikalhöhlen verweilen. Ein differenzialdiagnostisch auszuschließender Zoster oticus wird durch eine reaktivierte Varizella-Zoster-Virus-Infektion verursacht. Merke: Es dominieren die bakteriellen Infek­tionen mit Pseudomonas aeruginosa (Prävalenz 20–60 %) und Staphylococcus aureus (Prävalenz 10–70 %).

Anamnese und Symptome Die Diagnose einer akuten Otitis externa bedarf eines plötzlichen Beginns mit Symptomen und

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Einleitung

Facharztwissen HNO 115 klinischen Zeichen einer Gehörgangsentzündung (s. Infobox) [1]. Die Anamnese dient dem Erkennen von vorliegenden prädisponierenden Faktoren, insbesondere [3]: ▶ zurückliegende Wasserexposition ▶ Manipulation/Zerumenentfernung ▶ bekannte entzündliche Hauterkrankungen ▶ Diabetes mellitus ▶ zurückliegende Ohroperationen ▶ Bestrahlungen Die typischen Symptome und klinischen Zeichen reichen von mildem Druckgefühl im Gehörgang (22 %), Juckreiz (60 %) und Rötung sowie geringem Gehörgangsödem mit Otorrhö bis zu starken Schmerzen (70 %) mit vollständiger Gehörgangsobstruktion und mit Beteiligung der Ohrmuschel und der umgebenden Haut sowie einer Hörminderung (32 %) [1].

Zusätzlich können Schmerzen beim Kauen auftreten. Ebenso kann eine erhöhte Temperatur auftreten, Fieber über 38,3 °C spricht jedoch für eine Ausbreitung der Entzündung über den ­Gehörgang hinaus. Bei persistierenden bzw. zunehmenden Ohrenschmerzen, dem Auftreten von Kopfschmerzen, einer therapierefraktären fötiden Otorrhoe sowie Hirnnervenausfällen (insbesondere N. facialis) muss bei Verdacht auf eine Otitis externa ­maligna eine umgehende weiterführende Diagnostik veranlasst werden.

Kriterien für die Diagnose einer akuten Otitis externa diffusa ▶ Plötzliches Auftreten (in der Regel binnen 48h) innerhalb der letzten 3 Wochen und ▶ Symptome einer Gehörgangsentzündung: starke Otalgie, Juckreiz und/oder Druckund Völlegefühl mit oder ohne Hörminderung und Kauschmerzen und ▶ klinische Zeichen einer Gehörgangsentzündung: Tragusdruckschmerz und/oder Ohrmuschelzugschmerz mit oder ohne Otorrhö, lokoregionäre Lymphadenitis, Trommelfellrötung, Entzündung der Ohrmuschel und der umgebenden Haut.

Diagnostik Die klinische Untersuchung sollte die Inspektion des Gehörgangs, der Ohrmuschel einschließlich der umgebenden Lymphknoten und umgeben-

den Haut, sowie die Otoskopie beinhalten. Periund retroaurikulär können vergrößerte Lymphknoten palpiert werden, wobei die retroaurikuläre Lymphknotenschwellung eine Mastoiditis vortäuschen kann (Pseudomastoiditis). Die Untersuchung mit dem Ohrtrichter ist in der Regel schmerzhaft, mit dem typischen Ohrmuschelzug- und Tragusdruckschmerz. Dabei zeigt sich ein unterschiedlich stark ausgeprägtes entzündliches Ödem der gesamten Gehörgangshaut (akute Otitis externa diffusa) bzw. eine umschriebene entzündliche Schwellung einer oder mehrerer Haarbalgdrüsen (akute Otitis externa circumscripta; ●  ▶  Abb. 1 und Infobox).

Formen der akuten Otitis externa Akute Otitis externa diffusa Unterschiedlich stark ausgeprägte entzündliche Schwellung der gesamten Gehörgangshaut. Akute Otitis externa circumscripta Umschriebene entzündliche Schwellung einer oder mehrerer Haarbalgdrüsen, in der Regel im Bereich des äußeren Anteils des Gehörgangs (= Gehörgangsfurunkel). Falls einsehbar kann das Trommelfell normal, matt-verdickt oder erythematös im Sinne einer Myringitis verändert sein. Eine pneumatische Otoskopie kann zur Beurteilung der Trommelfellbeweglichkeit und somit zur Abgrenzung einer akuten Otitis media beitragen. Eitriges Sekret kann ggf. abgesaugt werden. Bei einer Otomykose können die typischen fadenförmigen Pilzhy▶  Abb. 2). phen im Gehörgang gesehen werden ( ● Ein mikrobieller Abstrich dient der Erregeridentifikation und ermöglicht die Anfertigung eines Antibiogramms. Sie sind jedoch nur in Fällen wie Therapieversagen, Rezidiven, Immundefekten oder Komplikationen erforderlich, da die meisten zur Therapie einer unkomplizierten akuten Otitis

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Merke: Wegweisend sind der typische Schmerz bei Druck auf den Tragus sowie Zug an der Ohrmuschel, wobei die Schmerzsymptomatik insgesamt am besten mit der Schwere der Erkrankung korreliert.

Abb. 1  Befund einer akuten Otitis externa circumscripta (Bull TR, Almeyda J. Color Atlas of ENT Diagnosis. 5. Aufl. Stuttgart, New York: Thieme; 2009) [9].

116 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen tretenes eitriges Mittelohrsekret („Begleitexterna“) verursacht sein. Allen ist gemein, dass eine topische Therapie in der Regel nicht ausreichend ist bzw. die Wahl des topischen Antibiotikums erregerspezifisch angepasst werden muss [1]. Differenzialdiagnostisch müssen andere Erkrankungen des Gehörgangs und der Ohrmuschel ebenso wie andere Ursachen für eine Otorrhö ▶  Abb. 3 und Infobox). Im ausgeschlossen werden ( ● weiteren Verlauf wird auf einige wichtige weiter eingegangen. Hervorzuheben sind dabei die Otitis externa maligna und das Gehörgangskarzinom.

Abb. 2  Mikroskopie einer Otomykose.

externa verwendeten topischen Antiseptika und topischen Antibiotika die relevanten pathogenen Keime erfassen. Bei Schwerhörigkeit zeigen die orientierende Sprachabstandsprüfung, die Stimmgabelprüfungen sowie ein Tonschwellenaudiogramm typischerweise eine Schallleitungsschwerhörigkeit [7]. Bei Nachweis einer zusätzlichen Schallempfindungsschwerhörigkeit sowie bei Vorliegen einer Vestibularis- oder Hirnnervenschädigung ist zur differenzialdiagnostischen Untersuchung eine Bildgebung (Computertomografie zum Ausschluss einer Osteodestruktion) erforderlich bzw. eine virale Entzündung mittels Antikörpernachweis auszuschließen [7]. Bei Rezidiven, Immundefekten oder Komplikationen (z. B. Verdacht auf eine Otitis externa maligna) sind laborchemische Untersuchungen mit Bestimmung der Blutglukose, HbA1c, HLA-DR4, Blutbild und CRP sowie Nierenretentionsparameter erforderlich [7]. Merke: Faktoren, die das Therapiemanagement einer akuten Otitis externa diffusa beeinflussen, müssen rechtzeitig erkannt werden. Dazu zählen ein bekannter Diabetes mellitus, eine Immunsuppression (wie z. B. bei Patienten mit HIV-Infektion oder maligner Grunderkrankung unter laufender Chemotherapie), ein Zustand nach Strahlentherapie sowie der Nachweis einer Trommelfellperforation bzw. das Vorhandensein einer Paukendrainage [1]. Patienten mit Diabetes mellitus oder immunsupprimierte Patienten bedürfen einer besonderen Beachtung, da sie prädisponiert für das Auftreten einer Otomykose oder einer Otitis externa maligna sind. In Folge einer vorangegangenen Strahlentherapie kann die Haut der Ohrmuschel und des Gehörgangs im Sinne einer Akut- oder Spättoxizität geschädigt sein. Bei Patienten mit Nachweis einer Trommelfellperforation oder Vorhandensein einer Paukendrainage kann die akute Otitis externa durch in den Gehörgang überge-

▶ chronische Otitis externa ▶ Otitis externa maligna ▶ akute Otitis media ▶ chronische Otitis media ▶ Perichondritis ▶ Erysipel ▶ Otomykose ▶ Zoster oticus ▶ Otitis externa bullosa sive haemorrhagica ▶ Gehörgangsekzem ▶ Gehörgangskarzinom

Therapie Die Therapie der unkomplizierten akuten Otitis externa basiert auf den 4 „Säulen“: 1. Schmerztherapie 2. Gehörgangsreinigung 3. Anwendung topischer antiseptischer und/ oder antimikrobieller Substanzen 4. Patientenanleitung zur Fortführung der Therapie und Vermeidung von prädisponierenden Faktoren

Merke: Die Verordnung systemischer Antibiotika zur Therapie der akuten Otitis externa bleibt den Fällen vorbehalten, bei denen eine Entzündung über den Gehörgang hinausgeht, ein Diabetes mellitus besteht, für Patienten mit Immunsuppression oder Zustand nach Strahlentherapie bzw. bei Unfähigkeit zur Lokaltherapie [1].

Schmerztherapie



Der ersten Säule, der Schmerzbeurteilung, wird eine hohe Wichtigkeit beigemessen, denn der vorhandene Schmerz kann sehr stark sein und es besteht ein nicht unerhebliches Risiko zur Unterschätzung der Schmerzsymptomatik durch den Kliniker. Ursächlich ist, dass das hoch sensible Periost des knöchernen Gehörgangs unmittelbar unter der Gehörgangshaut zu liegen kommt und

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Differenzialdiagnosen der akuten Otitis externa

Facharztwissen HNO 117

Otorrhoe

Cerumen

Anamnese, HNO-Status, Ohrreinigung, Abstrich, Audiogramm, Impedanz, ggf. Prüfung des Fistelsymptoms; bei rein wässriger Sekretion nach Trauma: Glukose- und Beta-Trace-Bestimmung

chronische Mittelohrentzündung Cholesteatom

Otitis externa

Abstrich, Lokalbehandlung, Tubenbehandlung

Entfernung

Fremdkörper

Extraktion

Dermatitis, Ekzem

Gehörgangsverletzung

Otoliquorrhoe

CT hochauflösend, evtl. Antibiotika, steriler Verband

Rö: Schüller, CT Felsenbein, Sprachaudiogramm

Lokalbehandlung entsprechend Abstrichergebnis, Castellani-Rot, Analgetikum. Antiphlogistikum, Antimykotikum

Operation

ggf. abwarten ggf. neurochirurg. Konsil

Operation

evtl. Audiogramm

Allergietest, Blutzuckerkontrolle, CT-Schädel, Knochenszintigramm, Biopsie

Allergie z.B. Haarspray

Otitis externa necroticans sive maligna

Allergenkarenz, Lokalbehandlung

lokale und systemische antibiotische Therapie, hyperbare Sauerstofftherapie

Tumor

maligne

ja

nein

Operation

stadien- und lokalisationsabhängige Therapie z.B. Operation, Chemotherapie, Radiotherapie

Abb. 3  Flowchart Otorrhö (Arnold W, Ganzer U. Checkliste HNO-Heilkunde. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2011: 90–91) [10].

somit infolge der entzündlichen Ausbreitung mitbeteiligt ist. Leichte bis mäßige Schmerzen sprechen bei Bedarf gut auf Paracetamol oder nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) an. Die orale Schmerzmedikation wird aufgrund der einfachen Praktikabilität und der niedrigen Kosten bevorzugt.

Bei höherem Schmerzmittelbedarf ist einer Gabe der Analgetika in festen Intervallen gegenüber einer Bedarfsmedikation der Vorzug zu geben. Bei stärkeren Schmerzen oder bei Notwendigkeit einer Gehörgangsreinigung kann die Anwendung eines topischen Lokalanästhetikums oder eines Opioidderivats erforderlich sein. Zur topischen Anästhesie steht in Deutschland eine nicht ver-

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Basisdiagnostik:

schreibungspflichtige Kombination aus einem lokalen NSAR (50 mg/g Phenazon) und einem Lokalanästhetikum (10 mg/g Procainhydrochlorid) zur Verfügung (Otalgan Tropfen, Südmedica GmbH, München). Merke: Allerdings wird dies nicht zur alleinigen spezifischen Therapie empfohlen, denn die Anwendung kann das Fortschreiten der zugrunde liegenden Erkrankung durch die Schmerzunterdrückung maskieren. Sollte die Anwendung eines topischen Lokalanästhetikums zur vorübergehenden Schmerztherapie verordnet werden, so ist die klinische Re-Evaluation nach 48 Stunden zur Beurteilung des Ansprechens der Primärtherapie empfohlen [1]. Cave: Kontraindikationen zur Anwendung bestehen jedoch bei einer Trommelfellperforation oder bei Gehörgangsentzündung mit Hautverletzung. Andere nicht verschreibungspflichtige Ohrentropfen enthalten in der Regel Glycerol oder andere Inhaltsstoffe auf Ölbasis und dienen lediglich dem Erhalt des physiologischen Gehörgangmilieus und somit der Prophylaxe. Sie sind jedoch nicht geeignet zur Therapie einer akuten Otitis externa.

Gehörgangsreinigung



Die zweite Säule stellt die Reinigung des Gehörgangs dar. Die Sicherstellung der Wirksamkeit der Lokaltherapie setzt deren Erreichbarkeit bis in die Tiefe des entzündeten Gehörgangs voraus. Hierfür ist die Entfernung von (möglicherweise vorhandenen) Fremdkörpern und potenziell den Gehörgang verlegendem entzündlichen Detritus bzw. Zerumen erforderlich. Für die Spülung des Gehörgangs können auf Körpertemperatur erwärmtes steriles Wasser, Kochsalzlösung oder Wasserstoffperoxid verwendet werden. Merke: In allen Fällen muss jedoch vorher eine Trommelfellperforation ausgeschlossen werden. Ist dies nicht möglich bzw. liegt ein Diabetes mellitus oder eine Immunsuppression vor, ist zur Entstehungsvermeidung einer Otitis externa maligna die atraumatische Säuberung durch vorsichtiges Absaugen unter mikroskopischer Sicht vorzuziehen.

topischen Therapie der akuten Otitis externa stehen zur Verfügung: Dies können reine Antiseptika, Antibiotika, Glukokortikoide oder eine Kombination aus diesen Präparaten sein. Im Rahmen einer Analyse der Cochrane Collaboration mit 3 Meta-Analysen konnten folgende Schlussfolgerungen herausgearbeitet werden [10]: 1. Die topische Therapie allein ist effektiv für die Therapie der unkomplizierten akuten Otitis externa. Die zusätzliche Gabe einer oralen Antibiose ist nicht erforderlich. 2. Die Wahl des topischen Agens scheint keinen signifikanten Einfluss auf das therapeutische Outcome zu haben. 3. Es konnte kein Unterschied bezüglich der klinischen Wirksamkeit von Chinolon-Präparaten vs. Nicht-Chinolon-Präparaten gezeigt werden. 4. Essigsäure-Präparate zeigten vergleichbare Heilungsraten nach 7–9 Tagen im Vergleich zu Antibiotika-Steroid-Kombinationspräparaten, jedoch schlechtere Heilungsraten nach 2–3 Wochen. 5. Patienten profitieren von der Anwendung von Antibiotika-Steroid-Präparaten bezüglich verminderter Schwellung, Rötung, Sekretion und Analgetikaverbrauch im Vergleich zu reinen Antibiotika-Präparaten. 6. Eine Ausheilung zeigt sich bei Antibiotika-Steroid-Kombinationspräparaten in der Regel nach 6 Tagen. Zusammenfassend ist die topische Therapie hoch effektiv und somit Therapie der Wahl bei akuter Otitis externa diffusa. Es zeigten sich keine Differenzen in Bezug auf das klinische Outcome abhängig vom verwendeten Wirkstoff (Antiseptikum vs. Antibiotikum), in Bezug auf die klinische Wirksamkeit von Chinolon-Präparaten vs. NichtChinolon-Präparaten, sowie für Mono- vs. Kombinationspräparate mit oder ohne zusätzliches Steroid [10]. Obwohl keine Studien vorliegen, die einen Vorteil der Anwendung eines Tamponadestreifens bekräftigen, erscheint dies – zur Verbesserung der lokalen Wirksamkeit des topischen Therapeutikums bis in die Tiefe des entzündeten ­Gehörgangs sowie zur Reduktion des entzündlichen Ödems – sinnvoll zu sein [1]. Cave: Gehörgangsexostosen können eine lokale Therapie erschweren oder verhindern! Bei unzureichendem Behandlungserfolg und Immunsuppression (z. B. Diabetes mellitus) sollte bei Gehörgangsexostosen frühzeitig eine systemi­ sche Therapie erwogen werden, um der Entstehung einer malignen Otitis externa vorzubeugen.

Anwendung topischer Substanzen



Die dritte Säule ist die Verordnung eines topischen Therapeutikums für die initiale Therapie einer unkomplizierten akuten Otitis externa bei ansonsten gesunden Patienten. Verschiedene Präparate zur

Typischerweise verwendete antimikrobielle Substanzen sind Aminoglykoside (z. B. Neomycin), Polymyxine (Polymyxin B oder Colistin), Tetracycline und Chinolone (z. B. Ciprofloxacin). Zu den typischerweise verwendeten Antiseptika zählen

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118 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

Facharztwissen HNO 119

Tab. 2  Präparate zur topischen Anwendung bei akuter Otitis externa (modifiziert nach [6]). Präparat

Gruppe

Wirkstoffe

Anwendung Zulassung

Dosierung

Bemerkung

4–6 × tgl.für 7–10 Tage 1–3 Sprühstöße nach Wasserexposition

kann Schmerzen und Irritationen auslösen kein Arzneimittel, dient eher der Prophylaxe

bei TFk.A.

nein

ab 3. LJ

nein

k. A.

nein

k.A.

Chlorhexidin 0,1–1 % Octenidin 0,1–1 %

nein nein

k.A. k.A.

k. A. k. A.

nein

k.A.

3–5 × tgl. jeweils 2–3 Tropfen für 5–7 Tage

nein

k.A.

3–5 × tgl. jeweils 2 Tropfen für 5–7 Tage

ja

ab 1. LJ

ja

ab 2. LJ

nein

ab 1. LJ

Antibiotikum mit Kortikoid

7 500 IE Polymyxin-B-sulfat 3 500 IE Neomycinsulfat 0,02 mg Gramicidin 1,32 mg Dexamethasondihydrogenphosphat-Dinatrium 7 500 IE Polymyxin-B-sulfat 3 500 IE Neomycinsulfat 3,5 mg Ciprofloxacinhydrochlorid 1,164 mg Ciprofloxacinhydrochlorid 0,58 mg Ciprofloxacinhydrochlorid 3 mg Ciprofloxacin, 0,25 mg Fluocinolonacetonid

nein

ab 2. LJ

2 × tgl. jeweils 3–4 Tropfen 2 × tgl. eine 0,5 ml Einzeldosis für 7 Tage 2 × tgl. eine 0,25 ml Einzeldosis für 7 Tage 3 × tgl. jeweils 4–6 Tropfen für 8 Tage

Antibiotikum mit Kortikoid

3 mg Ciprofloxacin (als HCl) 1 mg Dexamethason

ja

für AOE ab 1. LJ; 2 × tgl. jeweils 4 für AOMT ab Tropfen für 7 Tage 6 Monaten

Antiseptikum

Normison

Antiseptikum mit Kortikoid

Essigsäure mit Triamcinolon N-Chlortaurin

Antiseptikum mit Kortikoid Antiseptikum

Essigsäure (30 %) DAC 2,4 g Propylenglykol 97,6 g Essigsäure Isopropylalkohol Dexpanthenol Essigsäure Triamcinolonazetat 0,1 % N-Chlortaurin 1 %

Chlorhexidin Octenidin

Antiseptikum Antiseptikum

Polyspectran Tropfen Augen- und Ohrentropfen Dexa-Polyspectran Augen- und Ohrentropfen

Antibiotikum

Ciloxan 3 mg/ml Ohrentropfen Panotile Cipro 1 mg Ohrentropfen InfectoCipro 2 mg/ml Ohrentropfen InfectoCiproCort 3 mg/ml/0,25 mg/ml Ohrentropfen Cilodex 3 mg/ml 1 mg/ml Ohrentropfen

Antibiotikum

Antibiotikum mit Kortikoid

Antibiotikum Antibiotikum

▶  Tab. 2). Aber auch AluEssigsäure-Präparate ( ● minium-Azetat, N-Chlortaurin, Jod oder reine Steroidpräparate wurden untersucht. Ist das Trommelfell intakt und bestehen keine Bedenken bezüglich einer Überempfindlichkeit gegenüber Aminoglykosiden, wird als Therapie der Wahl eine Kombination aus Neomycin, Polymyxin B und einem Kortikoid angegeben. Aufgrund der bekannten ototoxischen Nebenwirkung werden Aminoglykoside jedoch in Deutschland kaum verordnet. Ein bekanntes Kombinationspräparat aus 1,32 mg Dexamethasondihydrogenphosphat-Dinatrium, 7 500 I.E. Polymyxin-B-sulfat und 3 500 I.E. Neomycinsulfat (Dexa-Polyspectran Augen- und Ohrentropfen, Alcon Pharma GmbH, Freiburg im Breisgau) wurde in Deutschland vor kurzem vom Markt genommen. Grund war die behördliche Auflage, aus Stabilitätsgründen dieses Arzneimittel als Zweikammersystem anzubieten, was jedoch zu vielen Handhabungsfehlern geführt hat (persönliche Mitteilung durch den Hersteller).

Merke: Ist das Trommelfell perforiert bzw. nicht sicher intakt, müssen ototoxische Substanzen vermieden werden. Dazu zählen alkohol- und aminoglykosidhaltige Präparate.

3 × tgl. jeweils 3 Tropfen für 7 Tage 1 × tgl. jeweils 1ml für 4–10 Tage

körpereigene Substanz, nicht als Arzneimittel zugelassen nur Fallberichte verfügbar für Otitis externa nicht untersucht ototoxisch, kann Überempfindlichkeit auslösen ototoxisch, kann Überempfindlichkeit auslösen Vom Hersteller vom Markt genommen!

Insbesondere weist Neomycin neben der potenziell ototoxischen Wirkung am Mittelohr eine Hypersensitivität bei ca. 13–30 % der Patienten auf [3]. In diesem Fall sind Chinolone für die ­Anwendung zugelassen. Merke: Bei Verdacht auf oder nachgewiesener Trommelfellperforation bzw. bei dem Vorhandensein einer Paukendrainage dürfen keine ototoxischen Präparate verwendet werden. Bei Patienten mit Diabetes mellitus, immunsupprimierten Patienten und Patienten mit Zustand nach Strahlentherapie sollte zusätzlich eine systemische Antibiose verordnet werden. Dies betrifft ebenfalls Patienten, bei denen die Entzündung nicht mehr auf den Gehörgang beschränkt ist. Dabei sollen die Präparate gegen das typische Erregerspektrum um Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus wirksam sein. Dies sind vor allem Chinolone (z. B. Ciprofloxacin) und Breitspektrum-Penicilline (z. B. Piperacillin) [1, 7]. Bei der akuten Otitis externa circumscripta erfolgt die Therapie initial topisch mit 70 %-iger Alkohollösung, ggf. mit einer Inzision zur Entlastung des eitrigen Sekrets sowie bei schweren

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Perforation nein

Essigsäure

Formen mit einer systemischen Antibiose mit einem staphylokokkenempfindlichen Antibiotikum (z. B. Flucloxacillin, Aminopenicillin und β-Lactamase-Inhibitor oder Clindamycin) [6, 7].

Patientenanleitung und Prophylaxe



Die letzte Säule der Therapie besteht in der Anleitung der Patienten sowie der Prophylaxe durch Vermeidung von (beeinflussbaren) prädisponierenden Faktoren. Dabei soll auf die Wichtigkeit der richtigen Applikation der topischen Medikation, inkl. der Seitwärtslagerung für 3–5 min nach der Applikation, sowie die Unterlassung einer zusätzlichen Manipulation oder Befeuchtung des Gehörgangs hingewiesen werden [1]. Nach 48–72 Stunden sollte bei Beschwerdepersistenz eine klinische Re-Evaluation erfolgen ▶  Abb. 4). Die meisten Patienten bemerken in( ● nerhalb dieses Zeitraums eine Besserung ihrer Beschwerden, obwohl die vollständige Abheilung bis zu 2 Wochen in Anspruch nehmen kann. Ein Nichtansprechen der Initialtherapie kann Folge sein von: ▶ eines verlegten Gehörgangs ▶ schlechter Therapiedurchführung ▶ einer Fehldiagnose ▶ Überempfindlichkeit gegen das verordnete ­topische Präparat

Merke: Ggf. sollte nun zum Ausschluss einer atypischen Keimselektion ein mikrobieller Abstrich erfolgen [1]. Unabhängig vom verwendeten topischen Therapeutikum haben 65–90 % der Patienten eine klinische Ausheilung nach 7–10 Tagen [1].

Differenzialdiagnosen

Gehörgangs, insbesondere am Übergang vom knorpeligen zum knöchernen Anteil, mit zum Teil freiliegendem Knochen [1, 6]. Die Patienten klagen in der Regel über zunehmende Schmerzen. Abhängig von der Ausbreitung der Osteomyelitis können Hirnnervenausfälle, insbesondere des N. facialis, aber auch N. hypoglossus, vorkommen. Die Ausbreitung kann mithilfe der Computerund Magnetresonanztomografie dargestellt wer▶  Abb. 5). Mithilfe der Gadolinium-MRT mit den ( ● Fettunterdrückung kann eine Dura-Beteiligung nachgewiesen werden. Zu den bildgebenden Verfahren, die die Stoffwechselaktivität der Entzündung darstellen, zählen die Technetium- (zur Beurteilung der Otobasis-Osteomyelitis) und Gallium-Szintigrafie (zur Verlaufskontrolle und Ausheilungsbestätigung), indiummarkierte Leukozyten-Scans sowie die Single-Photonen-Emissions-Tomografie [1]. Die Therapie beinhaltet das chirurgische Debridement mit Abtragen der Knochennekrosen, eine Biopsie zum Ausschluss einer Neoplasie, sowie eine – in der Regel langfristig verordneten – systemischen Antibiose, die das typische Keimspektrum abdeckt (z. B. Ceftazidim und Ciprofloxacin). Einige Autoren befürworten auch die Einlage eines mit einem topischen Antibiotikum getränkten Streifens [2, 6]. Ein mikrobieller Keimnachweis mit Anfertigung eines Antibiogramms ist zur erregerspezifischen Therapie durchzuführen. Ein mittels Blutglukose und HbA1c nachgewiesener, schlecht eingestellter ­Diabetes mellitus sollte optimiert werden. Eine hy­ perbare Sauerstofftherapie kann ggf. die Heilungsrate steigern, steht jedoch nicht an allen Zentren zur Verfügung [2, 6].

Cave: Prinzipiell handelt es sich bei der Otitis externa maligna auch heutzutage um eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung mit Letalitätsraten von 10–15 %.

Otitis externa maligna (necroticans)



Die Otitis externa maligna (necroticans) betrifft vor allem: ▶ ältere Patienten ▶ Patienten mit Diabetes mellitus ▶ Patienten mit immunsupprimiertem Status Sie kann als Folge einer akuten Otitis externa diffusa bei persistierender Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa entstehen. Es kommt zu einer entzündlichen Ausbreitung und Destruktion des umliegenden Weichteil- aber auch Knochengewebes des Felsenbeins im Sinne einer OtobasisOsteomyelitis mit Ausbreitung in Richtung Mittel- und Innenohr, aber auch eine Ausbreitung nach intrakraniell ist möglich [1]. Neben der fötiden Otorrhö und einer persistierenden Schwellung des Gehörgangs zeigt sich typischerweise Granulationsgewebe am Boden des

Merke: Bei persistierender Otitis externa und dem Vorliegen von Risikofaktoren muss eine Otitis externa maligna ausgeschlossen werden.

Erysipel



Dringen Erreger durch Hautläsionen in die Dermis ein und breitet sich die akute, nicht putride Infektion subepidermal entlang der kutanen Lymphspalten und -gefäße aus, so liegt ein Erysipel vor. Zu den typischen Infektionserregern zählen β-hämolysierende Streptokokken, es können zum Teil aber auch Staphylokokken oder Haemophilus influenzae nachgewiesen werden. Nach akutem Beginn mit Schwellung, Rötung und Schmerzen im Bereich der Ohrmuschel

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120 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

Facharztwissen HNO 121

Patient 2 Jahre oder älter mit diffuser akuter Otitis externa

Je nach Schweregrad des Schmerzes Analgetika verschreiben

Aufgrund von Ausbreitung außerhalb des Gehörgangs oder individueller Faktoren* systemische Therapie erforderlich?

X

* Faktoren für eine systemische Therapie sind Diabetes, Immundefekt oder die fehlende Möglichkeit eine topische Therapie trotz Gehörgangsspülung durchzuführen

Liegt eine Perforation des Trommelfells (bestätigt oder vermutet) oder ein Paukenröhrchen vor?

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Nein

Ja

Systemisches Antibiotikum gegen Pseudomonas aeruginosa und Staphylococcus aureus verschreiben mit oder ohne topische Therapie, zusätzl. andere Maßnahmen je nach Patientenverfassung treffen

Ja

Topische Therapie mit einem nichtototoxischen Präparat verschreiben

Nein Topische Therapie auf Basis von Nutzen, Kosten, Compliance und Präferenz verschreiben

Ja

Verstopfter Gehörgang?

Gehörgangsspülung zur Entfernung von Ablagerungen durchführen; wenn Ödem Medikamentenverabreichung verhindert, Streifen platzieren

Nein Patienten oder Betreuer in der Verabreichung der topischen Tropfen anleiten

X

Verbesserung des klinischen Bilds nach 48 – 72 Stunden?

Nein

Andere Krankheit als akute Otitis externa?

Patienten erneut untersuchen Nein

Ja

Ja Therapie abschließen

Therapieapplikation, Einhaltung der Therapiemaßnahmen, mögliche Änderungen der Therapie überprüfen

Andere Krankheit behandeln

Abb. 4  Flowchart zum Management der akuten Otitis externa [1].

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122 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

Abb. 6  Erysipel der Wangenweichteile ausgehend von einer akuten Otitis externa. Abb. 7  Perichondritis (typischer Befund mit Aussparung des Lobulus).

kommt es zur flächenhaft fortschreitenden Ausbreitung. Die Rötung grenzt sich jedoch scharf ▶  Abb. 6). Zusätzlich vom Umgebungsgewebe ab ( ● zeigen sich hohes Fieber, Schüttelfrost sowie eine lokoregionäre Lymphknotenschwellung. Die Infektion wird antibiotisch und antiseptisch therapiert. Eine systemische Therapie erfolgt mit Penicillin V oral (1,2–1,5 Mio. IE je 3 × tgl. für 7–10 Tage) oder mit Penicillin G intravenös (10 Mio. IE je 3 × tgl. für 5–7 Tage). Wichtig ist die lokale antiseptische Therapie im Bereich der Eintrittspforte [2, 6].

Merke: Bei Rezidiven sollten Blutkulturen abgenommen werden, da die Streptokokken unbehandelt latent im Gewebe verbleiben können.

Perichondritis



Die Perichondritis ist eine Infektion der Knorpelhaut der Ohrmuschel bzw. des knorpeligen Anteils des äußeren Gehörgangs. Oft findet sich eine

Ohrmuschelverletzung, ein operativer Eingriff oder eine iatrogene Schädigung des Ohrknorpels (Piercing) [4]. In der Regel lassen sich Pseudomonas aeruginosa oder Staphylokokken als Erreger nachweisen. Es findet sich eine diffuse, teigige, überwärmte Schwellung der Ohrmuschel, die ty▶  Abb. 7). pischerweise den Lobulus ausspart ( ● Zusätzlich kann eine Blasen- und Fistelbildung auftreten [2, 6]. Die Infektion wird antibiotisch therapiert. Die Antibiose erfolgt entsprechend der häufigsten Erreger mit Ciprofloxacin bzw. Piperacillin und Tazobactam (bei Pseudomonas-Nachweis) oder mit Flucloxacillin bzw. Clindamycin (bei Staphylokokken-Nachweis). Wichtig ist die Entfernung eventuell eingebrachten Fremdmaterials sowie die zusätzliche antiseptische Therapie im Bereich der Eintrittspforte [2, 6]. Merke: Bei der Perichondritis spart die lokale ­Infektion den Lobulus aus.

Otomykose



Eine Otomykose tritt häufig im Rahmen einer chronischen Otitis externa auf bei: ▶ Zustand nach Radikalhöhlenanlage ▶ immunsupprimierten Patienten ▶ nach längerer Anwendung von topischen Antibiotika zur Therapie einer akuten Otitis externa diffusa Die typischen Zeichen einer Entzündung treten bei der Otomykose zugunsten des Auftretens von Juckreiz in den Hintergrund. Typischerweise zeigen sich die fadenförmigen Pilzhyphen im Gehörgang.

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Abb. 5  CT mit Osseodestruktion der Otobasis im Bereich der Mastoidspitze rechts bei Otitis externa maligna.

Abb. 8  Gruppierte Bläschen an der Rückseite der Ohrmuschel bei Zoster oticus.

Die Therapie besteht in der Gehörgangsreinigung und der lokalen antiseptischen Therapie. Ggf. sollte ein mit einem Antimykotikum getränkter Streifen eingelegt werden [6]. Cave: Die früher verwendeten Farbstofflösungen (z. B. Gentianaviolett-Lösung oder CastellanirotLösung) sollten wegen potenzieller Ototoxizität heutzutage nicht mehr zur Anwendung kommen.

Zoster oticus



Die Reaktivierung einer Varizella-Zoster-Infek­ tion kann zur neurotropen Reinfektion und somit zum Zoster oticus führen. In der Regel liegt ein segmentaler Befall im Bereich eines Nervs vor. Die Inzidenz korreliert sowohl mit dem Lebensalter als auch mit dem Immunstatus, Patienten zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr sind jedoch am häufigsten betroffen [6]. Typischerweise bestehen neuralgiforme Schmerzen, die je nach Befall der Nervenganglien auf 1–2 Dermatome begrenzt sind [2]. In der Regel sind Ohrmuschel und Gehörgang betroffen. Neben der Schmerzsymptomatik bestehen Fieber und ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl. Es zeigen sich in Gruppen angeordnete, schmerzhafte Bläs▶  Abb. 8), im Gehörchen an der Ohrmuschel ( ● gang und seltener auf dem Trommelfell. Dabei zeigen diese ein gleiches Entwicklungsstadium mit im Abheilungsverlauf auftretender Eintrocknung und Verkrustung. In etwa 60 % der Fälle besteht gleichzeitig eine periphere Fazialisparese und in etwa 40 % der Fälle eine labyrinthäre Be-

teiligung (Schallempfindungsschwerhörigkeit und/oder Neuronitis vestibularis) [2, 6]. Bei Nachweis eines Zoster oticus mit gleichzeitig bestehender peripherer Fazialisparese und labyrinthärer Beteiligung liegt ein Ramsay-Hunt-Syndrom vor. Zur Vervollständigung der Diagnostik gehört neben der virologischen Antikörpersuche (VZV IgG-, IgM- und IgA-Antikörper) die entsprechende Funktions- und Topodiagnostik. Eine Herpes-simplex-Virusinfektion sollte differen­ zialdiagnostisch bedacht werden. Bei immunsupprimierten aber auch immunkompetenten Patienten besteht die Therapie in der Gabe des Virostatikums Aciclovir. Bei Erwachsenen mit normaler Nierenfunktion wird die Einzeldosis von 5 mg/kg KG alle 8 Stunden 3 × täglich intravenös, in der Regel für 5–7 Tage appliziert. Alternativ kann oral mit 5 × 800 mg therapiert werden. Bei Patienten mit Immunsuppression beträgt die Einzeldosis 10 mg/kg KG. Dies reduziert die Dauer und Intensität der Schmerzsymptomatik und beschleunigt die Abheilung der Effloreszenzen. Bei bestehender Fazialisparese oder labyrinthärer Beteiligung sollte eine Hochdosiskortisontherapie erfolgen. Die akute Schmerzsymptomatik wird mit Analgetika und NSAR therapiert, die zum Teil über mehrere Monate anhaltenden postherpetischen Neuralgien können mit Antiepileptika (Pregabalin, Carbamazepin) bzw. Antidepressiva (Nortriptylin) günstig beeinflusst werden [2, 6].

Merke: Die Kombination eines Zoster oticus mit gleichzeitig bestehender peripherer Fazialisparese und labyrinthärer Beteiligung wird als RamsayHunt-Syndrom bezeichnet.

Otitis externa bullosa sive haemorrhagica



Die Infektion mit Influenzaviren A, B, C (in einigen Fällen auch Parainfluenzaviren, Adenoviren und Respiratory-Syncytial-Viren) und die synchrone bakteriellen Infektion mit Haemophilus influenzae kann zur sog. Grippe-Otitis führen [2, 6]. Sie tritt in der Regel mit einer Myringitis auf, die durch eine toxische Kapillarschädigung in der Lamina propria verursacht wird, in deren Folge bläulich-livide Bläschen im Gehörgang und auf ▶  Abb. 9). der Trommelfelloberfläche entstehen ( ● Besteht ein Übergreifen auf die Schleimhaut des Mittelohres, so resultiert eine Otitis media acuta. Die Patienten klagen in der Regel über starke ­Ohrenschmerzen sowie eine akute Hörminderung. Audiometrisch lässt sich meist eine kombinierte Schwerhörigkeit infolge der entzündlichen Innenohrbeteiligung nachweisen. Ein akuter Tinnitus und/oder peripher-vestibulärer Schwindel können ebenfalls auftreten. In seltenen Fällen kann eine aufsteigende Infektion entlang des N.

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Facharztwissen HNO 123

124 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

Abb. 9 Ohrmikroskopie einer Otitis externa bullosa sive haemorrhagica (Bull TR, Almeyda J. Color Atlas of ENT Diagnosis. 5. Aufl. Stuttgart, New York: Thieme; 2009) [9].

vestibulochochlearis zur Hirnstammenzephalitis führen. Die Therapie richtet sich nach der Ausprägung der Beschwerden. Bei fehlendem Nachweis einer Trommelfellperforation oder einer Verletzung der Gehörgangshaut können analgesierende ­Ohrentropfen zusätzlich zur Einlage antibiotikumgetränkter Streifen verordnet werden. Besteht eine bakterielle Infektion des Mittelohres, so ist eine systemische Antibiose (Aminopenicillin mit β-Lactamase-Inhibitor oder Cephalosporin 2. ­Generation) zu verordnen. Bei Nachweis einer Innenohrbeteiligung sollte zusätzlich zur Hochdosiskortisontherapie die Entfernung des infek­ tiösen Sekrets aus dem Mittelohr mittels Parazentese ggf. mit Paukendrainageeinlage durchgeführt werden [2, 6].

Gehörgangsekzem



Zu den Dermatosen des Gehörgangs zählen u. a. das Kontaktekzem und das seborrhoische Ekzem, die klinisch wie eine akute Otitis externa imponieren können. Das Ekzem ist durch eine Intoleranzreaktion der Haut auf Schädigungen der Epidermis durch exogene und endogene Noxen charakterisiert [2, 6]. Die Prävalenz über alle Ekzemarten liegt bei ca. 20 % [6]. Das Kontaktekzem wird durch direkten Kontakt mit einer Noxe mit dem betroffenen Hautareal verursacht. Auslöser können sein: ▶ Metalle ▶ Lösungsmittel ▶ Reinigungsmittel ▶ Medikamente Es wird das toxisch-irritative Kontaktekzem durch direkte Hautirritation (ca. 80 % aller Fälle) vom allergischen Kontaktekzem durch eine Immunreaktion Typ IV nach Coombs (ca. 20 % aller Fälle) unterschieden [2, 6]. Im Gegensatz zum allergischen Kontaktekzem zeigt sich bei der irritativ-toxischen Form eine Abhängigkeit von der Konzentration und Einwirkdauer der Noxe [1].

Ein allergisches Kontaktekzem kann auch durch Chemikalien und Inhaltsstoffe von Hörgerät-Otoplastiken verursacht werden [1]. Im akuten Stadium bestehen ein brennender Schmerz mit scharf begrenzter Hautrötung im Kontaktareal und Bläschenbildung. Ein akuter Beginn unmittelbar nach Noxenexposition ist typisch für das akute Kontaktekzem. Im chronischen Stadium stehen der Juckreiz sowie die Trockenheit mit schuppigem bis krustigem Erscheinungsbild im Vordergrund. Als Therapie kommen kortikosteroidhaltige Salben bzw. alkoholische Lösungen zum Einsatz sowie die strikte Karenz der auslösenden Noxe. Das seborrhoische Ekzem ist dispositionell ­gebunden und beruht auf einer endogenen Änderung des Hautstoffwechsels [2, 6]. Patienten mit Down-Syndrom, HIV-Infektion und M. Parkinson scheinen zu einer verstärkten Ausprägung zu neigen [1]. Es geht mit einer verstärkten Talgdrüsenaktivität einher und betrifft häufig die Ohren und Gehörgänge, die Kopfhaut und das Gesicht. Die Haut ist großporig, gelblich-glänzend, verdickt und fettig. Eine Überwucherung mit dem kommensalen Hefepilz Pityrosporum ovale ist typisch [2, 6]. Der häufig auftretende Juckreiz führt zu Kratzeffekten, mit in der Folge auftretenden Pyodermien [6]. Therapeutisch kommen Kortikosteroidlösungen und -salben zum Einsatz. Ketokonazolhaltige Shampoos dienen der regelmäßigen Reinigung betroffener Hautareale [6].

Merke: Beim Kontaktekzem zielt die Therapie auf das Meiden der auslösenden Noxe.

Gehörgangskarzinom



Ein Gehörgangskarzinom entsteht typischerweise im Bereich des knöchernen Gehörgangs. Eine fötide oder blutige, therapieresistente Otorrhoe sowie starke Schmerzen und Hirnnervenausfälle (N. facialis) lenken den Verdacht neben der Otitis externa maligna auch auf ein Gehörgangskarzinom. Dieses muss mittels Biopsie ausgeschlossen werden. Nach entsprechendem radiologischen Staging (CT-Kopf/Hals/Thorax, Oberbauchsonografie, Knochenszintigrafie, alternativ PET-CT) erfolgt die radikale chirurgische Therapie im Sinne einer Ablatio auris, Petrosektomie, Parotidektomie und selektiven Neck dissection gefolgt von einer adjuvanten Strahlentherapie. Die Prognose des Gehörgangskarzinoms ist schlecht. Merke: Ein Gehörgangskarzinom muss mittels Biopsie ausgeschlossen werden.

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Merke: Nickel ist das häufigste Kontaktallergen.

Literatur

1 Rosenfeld RM, Schwartz SR, Cannon CR et al. Clinical Practice Guideline: Acute Otitis externa. Otolaryngology – Head and Neck Surgery 2014; 150: 1–24 2 Strutz J, Mann W. Praxis der HNO-Heilkunde Kopfund Halschirurgie. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2010 3 Schaefer P, Baugh RF. Acute Otitis Externa: An Update. Am Fam Physician 2012; 86: 1055–1061 4 Mozet C, Müller H, Dietz A. Komplikationen durch Piercings und Tattoos – Übersicht unter Berücksichtigung der Otitis externa. Kinder- und Jugendmedizin 2007; 7: 339–342 5 Raza SA, Denholm SW, Wong JC. An audit of the management of acute otitis externa in an ENT casualty clinic. J Laryngol Otol 1995; 109: 130–133 6 Neher A, Nagl M, Scholtz AW. Otitis externa. HNO 2008; 56: 1067–1080 7 Eichhorn T. Vorbereitung zur Facharztprüfung HNO. Folge 2. HNO 2011; 59: 1226–1229 8 Kaushik V, Malik T, Saeed SR. Interventions for acute otitis externa. Cochrane Database Syst Rev 2010; 1: CD004740 9 Bull TR, Almeyda J. Color Atlas of ENT Diagnosis. 5. Aufl. Stuttgart, New York: Thieme, 2009 10 Arnold W, Ganzer U. Checkliste HNO-Heilkunde. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2011; 90–91

Über die Autoren



Miloš Fischer Dr. med.; 1999–2006 Medizinstudium an der Universität Leipzig, anschließend zunächst Weiterbildung in Anästhesie und Intensivmedizin, ab 2007 in HNO-Heilkunde am Universitätsklinikum Leipzig AöR. 2008 ­Promotion zum Thema „Workflow-Analyse am Beispiel der Hals-NasenOhren-Chirurgie – Möglichkeit zur Bestimmung von technischem Entwicklungspotenzial“. 2011 Hochschullehrertraining an der Universität ­Leipzig. 2012 Facharztanerkennung für HNOHeilkunde sowie der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin. 2012 Ernennung zum Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde am Universitätsklinikum Leipzig AöR. Interessenschwerpunkte: chirurgische Assistenzsysteme, Endoskopie in der HNO, Diagnose und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen des Kindes- und Erwachsenenalters, Airway-Management.

Andreas Dietz Prof. Dr. med.; Nach Medizinstudium ab 1991 Facharztausbildung und Oberarzt­tätigkeit an der HNO-Universitätsklinik Heidelberg; 2000 Habilitation. 2004 Ruf an die Universität Leipzig, Ordinarius für HNO-Heilkunde und Ärztlicher Direktor der HNO-Universitätsklinik Leipzig. Seit 2010 medizinisch wissenschaftlicher Leiter des Departments für Kopf- und Zahnmedizin des Universitätsklinikums Leipzig. Seit 2001 Vorstandsmitglied und ab 2011 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Onkologie der Deutschen ­Gesellschaft für HalsNasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Vizesprecher der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Kopf-Hals-Tumoren der Deutschen Krebsgesellschaft; Tätigkeit in zahlreichen Verbänden und Gremien, darunter die Deutsche Krebsgesellschaft. Seit Januar 2005 Wahl zum Vertrauensarzt des Deutschen Kehlkopflosenverbands. Vorstandsmitglied des Innovation Zentrums für computerassistierte Chirurgie (ICCAS) Leipzig. Ehrenmitglied der Indian Head and Neck Foundation, der belgisch königlichen HNO-­ Gesellschaft sowie der österreichischen HNOGesellschaft; Gründungsmitglied der mitteldeutschen Facharztkurse. Tagungspräsident der Vereinigung Mitteldeutscher HNO-Ärzte 2013.

Korrespondenzadresse Dr. med. Miloš Fischer Klinik und Poliklinik für HNO-Heilkunde Universitätsklinikum Leipzig AöR Liebigstraße 10–14 04103 Leipzig [email protected]

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Facharztwissen HNO 125

126 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen



1 A B C D E

Welcher der Faktoren prädisponiert nicht für das Auftreten einer akuten Otitis externa? Vorhandensein von Gehörgangsexostosen seborrhoisches Ekzem des Gehörgangs selbstständiges Entfernen von Zerumen Zustand nach Cochlea-Implantation längere Wasserexposition



Welche Aussage zur Therapie der akuten Otitis externa ist falsch? Bei einem 4-jährigen Jungen mit liegenden Pauken­ drainagen sind zur topischen Therapie Chinolon-Präparate indiziert. Leichte bis mäßige Schmerzen können mit Ibuprofen ­behandelt werden. Die Gehörgangssäuberung erfolgt am besten durch Absaugen unter mikroskopischer Sicht. Bei einem Patienten mit plötzlicher Otalgie, Hörminderung und blutiger Otorrhö nach Sprung ins Wasser sind Aminoglykosid-Präparate indiziert. Bei der akuten Otitis externa circumscripta erfolgt die Therapie topisch und ggf. mit einer Inzision zur Entlastung des eitrigen Sekrets.



Eine 86-jährige Patientin mit bekanntem Diabetes mellitus und rezidivierender Otitis externa wird mit dem Verdacht auf eine Otitis externa maligna in eine Klinik eingewiesen. Welche der folgenden Aussagen ist richtig? Es findet sich ein reizloser Gehörgang bei der Otoskopie. Zur Bildgebung eignet sich eine Röntgen-Schüller-Aufnahme. Die Therapie beinhaltet neben dem chirurgischen Debridement auch eine Biopsie zum Ausschluss einer Neoplasie. Eine topische Antibiose über 5–7 Tage ist ausreichend. Eine hyperbare Sauerstofftherapie hat keinen Stellenwert in der Therapie.



Welche Aussage trifft zu?

5 A

B C



2 A B C D E



3 A B C D E



4 A B

C D E

Welche Aussage zum Erregerspektrum einer akuten Otitis externa trifft nicht zu? Häufige Erreger sind Pseudomonas aeruginosa oder Staphyloccocus aureus. In einem Teil der Fälle gelingt der gleichzeitige Nachweis mehrerer Erreger. Ein Zoster oticus wird durch eine reaktivierte Herpes-­ simplex-Virus-Infektion verursacht. Pilzinfektionen treten typischerweise nach vorangegangener topischer Therapie auf. Ein mikrobiologischer Abstrich dient dem Erregernachweis im Rahmen einer therapierefraktären Otitis externa. Welcher Untersuchungsbefund ist wegweisend für die ­Diagnose einer akuten Otitis externa? verminderte Behaarung im Bereich des Gehörgangs Schmerz, der durch Druck auf den Tragus ausgelöst werden kann audiometrischer Nachweis einer reinen Schallempfindungsschwerhörigkeit reizloser Trommelfellbefund supraklavikuläre Lymphadenitis Bei welchem der Patienten ist bei primär unkomplizierter akuter Otitis externa auf der rechten Seite keine systemische Therapie indiziert? 47-jähriger Patient mit Nachweis eines pathologisch erhöhten HbA1c-Wertes 82-jährige Patientin mit Zustand nach operativer Therapie eines Malignoms der Gl. parotis rechts und anschließender adjuvanter Strahlentherapie 23-jähriger Patient mit bekannter HIV-Infektion 59-jähriger Patient mit Zustand nach Stammzelltransplantation bei multiplem Myelom 45-jährige Patientin mit arterieller Hypertonie nach 14-tägigem Badeurlaub

D

E

6 A B C

D E

7 A B C D E

Ein Erysipel wird am häufigsten durch Pseudomonas aeruginosa verursacht. Das Erysipel grenzt sich nur unscharf vom nicht betroffenen Gewebe ab. Eine systemische Antibiose zur Therapie des Erysipels ist nicht indiziert. Bei der Perichondritis spart die lokale Infektion den Lobulus aus. Eingebrachtes Fremdmaterial (z. B. Piercing) im Bereich der Eintrittspforte kann belassen werden.

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CME-Fragen  Die akute Otitis externa und ihre ­Differenzialdiagnosen

Facharztwissen HNO 127

Es besteht eine segmentale Ausbreitung entlang eines Nervs. Es zeigen sich diffus verteilte Bläschen unterschiedlichen Entwicklungsstadiums. Beim zusätzlichen Auftreten einer Schallleitungsschwerhörigkeit und einer zentralen Fazialisparese spricht man vom Ramsay-Hunt-Syndrom. Die Therapie besteht in der Gabe eines BreitspektrumAntibiotikums. Langanhaltende postherpetische Neuralgien werden am besten mit NSAR therapiert.

A B C

D E



9 A B C D E

Welche Aussage zum Zoster oticus trifft zu?

Welche Aussage trifft zu?

10 A B

C D E

Dem allergischen Kontaktekzem liegt eine Immunreak­ tion Typ I nach Coombs zugrunde. Beim irritativ-toxischen Ekzem ist die Ausprägung abhängig von der Konzentration und Expositionsdauer der Noxe. Silber ist das häufigste Kontaktallergen. Bei ausreichender Lokaltherapie eines Kontaktekzems ist das Meiden der Noxe nicht erforderlich. Das seborrhoische Ekzem beruht auf einer exogenen Änderung des Hautstoffwechsels.

Welche Aussage zur Grippeotitis trifft nicht zu? In der Regel liegt eine Infektion mit Influenzaviren und Haemophilus influenzae vor. Auf dem Trommelfell sind bläulich-livide Bläschen nachweisbar. Audiometrisch lässt sich eine reine Schallempfindungsschwerhörigkeit nachweisen. Bei Nachweis einer bakteriellen Infektion erfolgt eine systemische Antibiose. Eine Parazentese zur Entfernung des infektiösen Sekrets ist sinnvoll.

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128 Die akute Otitis externa und ihre Differenzialdiagnosen

CME-Fortbildung mit der Laryngo-Rhino-Otologie

Die Fortbildungseinheit  In den einheitlichen Bewertungskriterien der Bundesärztekammer ist festgelegt: „Die Grundeinheit der Fortbildungsaktivitäten ist der Fortbildungspunkt. Dieser entspricht in der Regel einer abgeschlossenen Fortbildungsstunde (45 Minuten)“. Für die erworbenen Fortbildungspunkte muss ein Nachweis erbracht werden. Hat man die erforderliche Anzahl von 250 Punkten gesammelt, kann man das Fortbildungszertifikat bei seiner Ärztekammer beantragen, welches man wiederum bei der KV (niedergelassene Ärzte) oder bei seinem Klinikträger (Klinik­ ärzte) vorlegen muss. Anerkennung der CME-Beiträge  Die Fortbildung in der Laryngo-Rhino-Otologie wurde von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung für das Fortbildungszertifikat anerkannt, das heißt, die Vergabe der Punkte kann direkt durch die Thieme Verlagsgruppe erfolgen. Die Fortbildung in der ­Laryngo-Rhino-Otologiegehört zur Kategorie „strukturierte interaktive Fortbildung“. Entsprechend einer Absprache der Ärztekammern werden die von der Nordrheinischen Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung anerkannten Fortbildungs-

veranstaltungen auch von den anderen zertifizierenden Ärztekammern anerkannt.

Datenschutz  Ihre Daten werden ausschließlich für die Bearbeitung dieser Fortbildungseinheit verwendet. Es erfolgt keine Speicherung der Ergebnisse über die für die Bearbeitung der Fortbildungseinheit notwendige Zeit hinaus. Die Daten werden nach Versand der Testate anonymisiert. Namens- und Adressangaben dienen nur dem Versand der Testate. Die Angaben zur Person dienen nur statistischen Zwecken und werden von den Adressangaben getrennt und anonymisiert verarbeitet. Teilnahme  Jede Ärztin und jeder Arzt soll das Fortbildungszertifikat erlangen können. Deshalb ist die Teilnahme am CME-Programm der Laryngo-Rhino-Otologie nicht an ein Abonnement geknüpft! Die Teilnahme ist im Internet (http://cme.thieme.de) möglich. Im Internet muss man sich registrieren, wobei die Teilnahme an Fortbildungen abonnierter Zeitschriften ohne Zusatzkosten möglich ist. Teilnahmebedingungen  Für eine Fortbildungseinheit erhalten Sie 3 Fortbildungspunkte im Rahmen des Fortbildungszertifikates. Hierfür müssen 70% der Fragen richtig beantwortet sein. CME-Wertmarke für Nicht-Abonnenten  Teilnehmer, die nicht Abonnenten der Laryngo-Rhino-Otologie sind, können für die Internet-Teilnahme dort direkt ein Guthaben einrichten, von dem pro Teilnahme ein Unkostenbeitrag abgebucht wird. Teilnahme online möglich unter http://cme.thieme.de

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Zertifizierte Fortbildung  Hinter der Abkürzung CME verbirgt sich „continuing medical education“, also kontinuierliche medizinische Fort- und Weiterbildung. Zur Dokumentation der kontinuierlichen Fortbildung der Ärzte wurde das Fortbildungszertifikat der Ärztekammern etabliert. Hauptzielgruppe für das Fortbildungszertifikat sind Ärzte mit abgeschlossener Facharztausbildung, die im 5-jährigen Turnus einen Fortbildungsnachweis erbringen müssen. Es ist jedoch auch für Ärzte in der Facharztweiterbildung gedacht.

[Acute external otitis and its differential diagnosis].

Acute external otitis is an inflammation of the ear canal, which can involve the pinna and the tympanic membrane. The history typically differentiates...
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