Der interessante Fall

zudem dezente Blutungen im Makulabereich zu erkennen. Laborchemisch zeigten sich eine Thrombopenie mit 56 / nl (Norm 182–369 /nl) sowie erhöhte Transaminasen.

Akute beidseitige Visusminderung bei Dengue-Fieber Acute Bilateral Loss of Visual Acuity Following Dengue Fever

Anamnese !

Eine 26-jährige Patientin mitteleuropäischer Herkunft stellte sich mit einer seit ca. 5 Stunden bestehenden Visusminderung von zuvor normalem Visus auf s. c. 0,1 beidseits vor. Sie befand sich zu diesem Zeitpunkt bei klinischem Verdacht auf Dengue-Fieber in der Klinik für Infektiologie in stationärer Behandlung. Die zuvor gesunde Patientin berichtete, vor 4 Tagen von einem Thailand-Urlaub zurückgekehrt zu sein. Etwa 3 Tage vor der Heimreise seien Fieber, Myalgien und Arthralgien aufgetreten. Außer Fieber bestand eine Thrombopenie, erhöhte Transaminasen sowie ein beginnendes Exan-

Verlauf !

them an den Extremitäten. Im Krankenhaus erfolgte eine symptomatische Therapie mit Antiemetika und Flüssigkeitssubstitution.

Befund !

Die Patientin präsentierte sich beidseits mit einem reizfreien und altersentsprechenden vorderen Augenabschnitt. Die brechenden Medien waren altersentsprechend klar. Der Visus betrug beidseits s. c. 0,1 (G. b. n.). Funduskopisch zeigte sich an beiden Augen ein Makulaödem mit feinen weißlichen intraretinalen Infiltraten am hinteren Pol. Am rechten Auge waren

Abb. 1 Fundus des rechten Auges mit feinen weißlichen paramakulären Infiltraten und Blutungen 1 Tag nach Auftreten der Visusminderung.

Abb. 2 OCT des rechten Auges mit Pigmentepithelabhebung im Bereich der Fovea 1 Tag nach Auftreten der Visusminderung.

Schmitt ER et al. Akute beidseitige Visusminderung …

Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 1142–1143

Am nächsten Tag war der Visus links auf s. c. 1,0 und rechts auf s. c. 0,6 angestiegen. Funduskopisch war nun der linke hintere Pol unauffällig. Rechts zeigten sich feine zentral gelegene Netzhautinfiltrate und " Abb. 1). dezente streifige Blutungen (s. l In der Spectral-OCT (engl. optical coherence tomography) stellte sich rechts eine dezente, subfoveal gelegene Pigmentepi" Abb. 2) und links ein thelabhebung (s. l unauffälliger Befund dar. Im Verlauf kam es auch am rechten Auge zu einem weiteren Visusanstieg und Befundrückgang. Serologisch bestätigte sich der Verdacht auf Dengue-Fieber mit dem serologischen Nachweis des Dengue-Virus.

Diskussion !

Bei Dengue-Fieber handelt es sich um eine durch Flaviviren verursachte Erkrankung, die v. a. durch das Auftreten von Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie retroorbitalen Schmerzen und Übelkeit gekennzeichnet ist. Zudem kann es im Rahmen der Erkrankung zu einer Thrombopenie und einem makulopapulösen Exanthem kommen. Die Therapie erfolgt symptomatisch mit Flüssigkeitssubstitution, antiemetischer und antipyretischer Therapie sowie ggf. mit der Durchführung von Bluttransfusionen. Die Viren werden von einem infizierten Menschen meist über Mücken der Gattung Aedes aegypti auf einen anderen Menschen übertragen [1]. Prinzipiell sind auch direkte Übertragungen durch Nadelstichverletzungen oder Bluttransfusionen möglich. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 2–14 Tagen. Nach einer überstandenen Infektion mit einem Serotypen besteht gegenüber diesem eine lebenslange Immunität. Kommt es danach allerdings zur Infektion mit anderen Serotypen, steigt das Risiko für lebensgefährliche Verläufe wie dem hämorrhagischen Dengue-Fieber und dem Dengue-Schock-Syndrom. Endemiegebiete sind v. a. der südostasiatische Raum und einige Teile Afrikas. Aufgrund des zunehmenden Ferntourismus gewinnt die Erkrankung jedoch auch in Europa immer mehr an Be-

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Der interessante Fall

nen. Meist kam es im weiteren Verlauf mit Zunahme der Thrombozytenkonzentration auch ohne Behandlung zu einer spontanen deutlichen Besserung der okulären Veränderungen und des Visus. In dem von uns beschriebenen Fall lag die Thrombozytenzahl am Tage des Auftretens der Visusverschlechterung bei 56 /nl (Norm 182–369 /nl). Am nächsten Tag hatte sich die Thrombozytenzahl mit 96 / nl nahezu verdoppelt und auch die Sehschärfe der Patientin war deutlich angestiegen. Im weiteren Verlauf normalisierte sich sowohl die Thrombozytenzahl als auch der Visus. Es gibt derzeit keine evidenzbasierte ophthalmologische Therapie zur Behandlung der okulären Komplikationen bei Dengue-Fieber.

Interessenkonflikt: Nein E. R. Schmitt, T. Kohnen, B. von Jagow Augenklinik, Goethe-Universität, Frankfurt am Main

Literatur 1 de Oliveira Poersch C, Pavoni DP, Queiroz MH et al. Dengue virus infections: comparison of methods for diagnosing the acute disease. J Clin Virol 2005; 32: 272–277 2 Bulugahapitiya U, Siyambalapitiya S, Seneviratne SL et al. Dengue fever in travellers: A challenge for European physicians. Eur J Intern Med 2007; 18: 185–192 3 Chan DPL, Teoh SCB, Tan CSH et al. Ophthalmic complications of dengue. Emerging Infect Dis 2006; 12: 285–289 4 Su DH, Bacsal K, Chee S et al. Prevalence of dengue maculopathy in patients hospitalized for dengue fever. Ophthalmology 2007; 114: 1743–1747

Fazit !

Der hier beschriebene Fall deckt sich mit denen in der Literatur beschriebenen Verläufen mit einer spontanen Visusbesserung und untermauert die These eines Zusammenhangs der Thrombozytenkonzentration mit der Ausprägung der okulären Manifestationen bei Dengue-Fieber. In Anbetracht der zunehmenden Anzahl an Fernreisenden sollte der okuläre Manifestationsort dieser Erkrankung unter den deutschen Ophthalmologen bekannt sein.

Schmitt ER et al. Akute beidseitige Visusminderung …

Bibliografie DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0033-1350957 Klin Monatsbl Augenheilkd 2013; 230: 1142–1143 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York · ISSN 0023-2165 Korrespondenzadresse Eva Rebecca Schmitt Goethe-Universität Augenklinik Theodor-Stern-Kai 7 60950 Frankfurt am Main Tel.: ++49/0 69/63 01 50 56 [email protected]

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deutung [2]. Derzeit gibt es noch keine zugelassenen Impfstoffe, sodass der Expositionsprophylaxe immer noch die größte Bedeutung zukommt. Eine okuläre Beteiligung bei Dengue-Fieber wurde insbesondere bei Touristen bisher in der Literatur nur selten beschrieben. Differenzialdiagnostisch kommen aufgrund der Anamnese und des ophthalmologischen Befunds weitere virale Infektionserkrankungen (z. B. VZV, CMV, EBV, HIV), aber auch bakterielle Infektionen wie Tuberkulose, Syphilis und Borreliose oder selten auch eine Malariaerkrankung in Betracht. Funduskopisch konnten bei Patienten, bei denen eine Visusverschlechterung im Rahmen einer Dengue-Fieber-Erkrankung aufgetreten war, Blutungen am hinteren Pol, Netzhautödeme, Roth Spots, Makulopathie und Papillenrandunschärfe beobachtet werden [3]. Der Pathomechanismus, der zu diesen okulären Veränderungen führt, ist bis heute nicht endgültig geklärt. Viele Autoren sehen immunvermittelte Prozesse als mögliche Ursache der ophthalmologischen Komplikationen an [3, 4]. Zudem wurden einige Fälle beschrieben, in denen die okuläre Beteiligung bei Dengue-Fieber insbesondere während der Phase der ausgeprägtesten Thrombopenie aufgetreten ist [3]. Diese Beobachtung stützt die These einer z. T. hämorrhagischen Genese der okulären Komplikatio-

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[Acute bilateral loss of visual acuity following dengue fever].

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