Klinische Wochenschrift

Klin. Wochenschr. 56, 9 8 5 - 9 8 6 (1978)

© Springer-Verlag 1978

Kurze wissenschaftliche Mitteilungen Eine M e t h o d e zur Darstellung der Nitroblau in menschlichen Thrombozyten W. Fereberger*,

-

Tetrazoliumreduktion

H . S c h e n k , F . P . R o b i e r u n d S. S a i l e r

Medizinische Universitfitsklinik Graz (Vorstand: Prof. Dr. S. Sailer)

A Method for the Evaluation of Nitrobtue Tetrazolium Reduction in Human Platelets Summary. A long term incubation in NBT-solution leads not only to NBT-reduction by polymorphnuclear lenkocytes and rnonocytes, but also in washed human platelets. The reaction is enhanced by A D P and to a smaller and very variable extent also by Thrombin and Ristocetin. It is inhibited by incubation in plasma environment as well by DBcAMP and PGE1. After a detailed demonstration of t h e applied method, some possible biochemical mechanisms of the NBT-reduction in human platelets are discussed. Key words: NBT-Reduction -- NBT-Test.

Platelets, Platelet function-Tests

Zusammenfassung. Eine Langzeitinkubation in NBT-L6sung ftihrt nicht nur zur NBT-Reduktion durch Granulozyten und Monozyten, sondern auch in gewaschenen Thrombozyten. Die Reaktion wird durch ADP, und in geringerem, unterschiedlichem Ausmai3 dutch Thrombin und Ristocetin verst~irkt, sowie durch Plasmamilieu, DBcAMP u. PGE 1 behindert. Nach einer genauen Darstellung der Methode werden einige m6gliche urs/ichliche biochemische Mechanismen der NBT-Reduktion in Thrombozyten diskutiert. Sehliisselwiirter. NBT-Reduktion - Thrombozyten, Thrombozytenfunktionsprfifungen - NBT-Test.

Seit tiber t0 Jahren dient die Nitroblau TetrazoliumreduktionskapazitM (NBT-Test) in zahlreichen Modifikationen als quantifizierbare Indikatorreaktion ffir die Phagozytose u. intrazellul~ire Keimabt6tung bei Granulozyten und Monozyten [7, 3, 5, 8, 10]. Trotz vieier gesicherter Einzelergebnisse sind die biochemischen Schritte der Nitroblau-Tetrazolium (NBT)-Reduktion in der Zelle noch nicht vollstS.ndig aufgeklS.rt [8, 1]. Nach Langzeitinkubationen konnten wir auch in gewaschenen Thrombozyten eine NBT-Reduktion nachweisen, wobei sich zusfitzlich eine unterschiedliche Beeinflul3barkeit durch Aggregations- u. Freisetzungsmediatoren zeigte. Folgende Methode lieferte die besten, reproduzierbaren Ergebnisse;

* Wir danken Frau Med. techn. Ass. M. Strommer ffir ihre aul3erordentlich gewissenhafte technische Mithilfe Sonderdruckanfragen an: Dr. W. Fereberger (Adresse s. nach Literatur)

1. Gewinnung yon pl/ittchenreichem Plasma (P.R.P.) durch Spontansedimentation yon Citratblut 1 : 10 fiber 30 min. 2. Verdfinnung des P.R.P. 1 : 10 mit Ausbreitungsl6sung naeh Breddin ( 1 Tel1 Natr. Citr. 3,8% auf 10 Teile NaCt 0,9%) und Waschung der Thrombozyten bei 800 g dutch 5 rain. 3. Resuspension des plS.ttchenreichen Sedimentes mit Breddinscher Ausbreitungsl6sung u. Einstellung der Suspension auf 250 000 Plfittchen/mm 3. 4. Inkubation von jeweils 0,5 ml Thrombozytensuspension in kleinen Plastikkfivetten (z.B. mit Parafilm® verschlossene Einwegplastikspitzen ffir automat. Pipetten) im Wasserbad bei 37 ° C fiber 3 h mit folgenden 4 Inkubationsl6sungen: a) 0,2 mt NBT-L6sung (0,t % Lsg. in S6rensen-Phosphatpuffer 0,05 M, p i t 7,0), b) 0,2 ml NBT-L6sung+ 10 lal ADP entsprechend 6 gM ADP/ Ansatz. c) 0,2 ml NBT-L6sung+10 gl Thrombinl6sung entsprechend 0,3 N.I.H. Einh./Ansatz, d) 0,2 ml NBT-L6sung+5gl Ristoeetinl6sung, entsprechend 0,35 mg Ristocetin/Ansatz. Anschliel3end: 5. Ausstreichen yon jeweils einem Tropfen verschiedener Suspensionen auf Objekttr/iger und lufttrocknen. 6. Kurzfixation mit einem Fixationsspray (z.B. Merckofix®, Fa. Merck Nr. 3974). 7. 5 rain Gegenfftrben mit Kerneehtrot n. Romeis § 737 [9]. 8. Kurzes Spfilen mit Brunnenwasser, lufttrocknen u. eindeeken der Pdiparate (z.B. mit Eukit#). Je nach dem Ausfall der Reaktion zeigen sich in 1 0 - 80 Prozent sowohl der freiliegenden Thrombozyten als auch in kleineren Aggregaten ein oder mehrere feine, oder vereinzelt auch gr6bere, un16sliche blausehwarze Formazangranula. Eine semiquantitative Auswertung mit 3 Reaktionsklassen ( 0 - 2 ) in Form eines NBT-Index, ergab bei 25 unausgewghlten Patienten, die fiir Gerinnungsanalysen der Medizinischen Universit~itsklinik Graz zugewiesen wurden, im Mittelwert eine deutliche Stimulation der NBT-Reduktion insbesondere nach Zusatz yon ADP (s. Abb. 1). Eine nachtrfigliche Waschung der Thrombozyten ffihrt zu keiner wesentlichen Verminderung des NBT-Index. Die Entwicklung yon Formazan-Thrombozyten beginnt unter dexa oben genannten Bedingungen, z.B. mit Thrombin nach etwa t h und ist nach 3 h roll ausgepr~gt. Eine Kombination mit der Ausbreitungsmethode nach Breddin [2] zeigt die Formazan-Thrombozyten als relativ schlecht ausgebreitete, dunkle Spinnenformen, offenbar im Zustand nach isovolumischer Form/inderung.

986

1 O0

9'0

Kurze wissenschaftliche Mitteilungen

Reakt~onsst~rke yon Formazan (Reakt[onsklassen:

0

~ 2

-

Thrombozyten ) Mittelwerte n :: 25 +

S

80 70 60 50

Unspezifische AdsorPtionen von Formazangranula aus dem Suspensiousmedium konnten wir dutch Kontrollen yon mehrfach gewaschenen Thrombozyten nach Beendigung der Reaktion ausschliel3en. Obwohl somit eine gesicherte Deutung unserer Untersuchungsergebnisse derzeit noch nicht m6glich ist, 15.gt jedoch der grol3e Mangel an Methoden zur Thrombozytenfunktionsprfifung insbesondere im Hinblick auf die m6gliche Erfassung von Phagozytoseparametern und einer Wechselwirkung zwischen Thrombozyten u. Granulozyten eine breitere Prfifung dieser Methode gerechtfertig erscheinen.

40 30

Literatur

20 I0 |

NBT

i

NBT + ADP

t

NBT + Thromb~n

i

NBT + Ristocefin

Abb. 1. Erl~iuterungen: siehe Text

Gr6!3ere Thrombozytenverluste traten fiber eine irreversible Aggregatbildung im Thrombin- u. Ristocetinansatz auf, vergleichsweise geringe jedoch im ADP-Milieu. Hemmfaktoren : Plasmamilieu ftihrte zu einer deutlichen Verz6gerung der Reaktion. Dibutyryl-cAMP (10 -s Mol/Ansatz) und Prostaglandin E1 (100 ng/Ansatz) zeigten bei gleichzeitiger Inkubation mit NBT eine deutliche und unterschiedliche Hemmung vor aIlerrrder ,,spontanen'° und der ADP-induzierten NBT-Reduktion. Keinerlei Hemmung Iieg sich, wie es auch bei Granulozyten mehrfach beschrieben wurde [8], durch den Zusatz yon 1 m Mol KCN erzielen.

Diskussion

Die in dieser Form unseres Wissens nach noch nicht beschriebene Art einer NBT-Reduktion in menschlichen Thrombozyten scheint Hinweise daffir zu geben, dab auch Thrombozyten, als zur Phagozytose bef~Lhigte Zellen eine NBT-Reduktase besitzen, oder NBTReduktase aktivierende Eigenschaften aufweisen. Ffir eine klinische Wertung und Aufklfirung der biochemischen Grundlagen sind jedoch weitere umfangreiche Untersuchungen notwendig. Die grol3e Anzahl an NBT positiven Granulozyten in unseren Ans/itzen legt zunfichst eine Wechselwirkung zwischen Granulozyten u. Thrombozyten nahe. Canoso u, Mitarb. [4] vermuteten eine regulatorische Wirkung des Plfittchenthrombus durch mikromolare H202 Dosen, die durch Granulozyten produziert werden k6nnen. Eine sauerstoffabh~ngige Oxidase und die Bildung yon Superoxidanionen sind ftir die NBT-Reduktion in intakten Granulozyten notwendig [1]. Die Reaktion geht mit einer starken, voriibergehenden Sauerstoffaufnahme einher. Sie wfirde in Thrombozyten bei der Cyclo-Oxigenasereaktion mit der Bildung der Prostaglandinendoperoxide stattfinden [11]. Die auBerordentlich langsame Entwicklung der Reaktion in Thrombozyten ist durch die schwierige Passage der NBT-L6sung durch die intakte Granulozytenmembran denkbar. Bei Langzeitinkubationen mfissen jedoch sowohl Diffusionsartefakte, als auch regressive Ver~inderungen mit m6glicher klinischer Anwendbarkeit mit in Betracht gezogen werden.

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Eingegangen am 2. Januar 1978 Angenommen am 29. Mai 1978

Dr. W. Fereberger Dr. H. Schenk Dr. F.P. Robier Prof. Dr. S. Sailer Med. Univ. Ktinik Graz Auenbruggerplatz 15 A-8036 Graz/Osterreich

[A method for the evaluation of nitroblue tetrazolium reduction in human platelets (author's transl)].

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